Was bedeutet eine "Testamentsvollstreckung"?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Testamentsvollstreckung muss vom Erblasser in seinem letzten Willen angeordnet werden
  • Testamentsvollstrecker führt nach dem Erbfall Weisungen des Erblassers aus
  • Erben werden durch eine Testamentsvollstreckung in ihren Möglichkeiten beschränkt

Den Begriff der "Testamentsvollstreckung" hat jeder, der sich mit dem Erbrecht beschäftigt schon einmal gehört.

Nur die wenigsten wissen aber genau, was sich hinter dem Begriff der Testamentsvollstreckung eigentlich verbirgt.

Wichtig ist zunächst die Erkenntnis, dass eine Testamentsvollstreckung nur dann stattfindet, wenn dies der Erblasser in seinem Testament oder in seinem Erbvertrag angeordnet hat. Eine Testamentsvollstreckung ohne entsprechende Anordnung durch den Erblasser in seinem letzten Willen gibt es nicht.

Testamentsvollstreckung muss angeordnet sein

Ein Testamentsvollstrecker wird insbesondere nicht von Amts wegen oder vom Nachlassgericht eingesetzt, um etwa die Abwicklung eines problematischen Nachlasses zu erleichtern.

Ob und der Erblasser einen oder auch mehrere Testamentsvollstrecker einsetzt und mit welchen Aufgaben der Erblasser den Vollstrecker betraut, obliegt alleine der Entscheidung des Erblassers.

Der Erblasser kann also in seinem Testament nach freier Wahl von der Anordnung einer Testamentsvollstreckung absehen, einen Testamentsvollstrecker mit Hinweis auf die gesetzlichen Regelungen in §§ 2197 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) einsetzen oder aber auch dem Testamentsvollstrecker in seinem Testament dezidiert vorgeben, welche Rechte und Aufgaben er hat und was der Erblasser von ihm erwartet.

Welche Aufgaben hat der Testamentsvollstrecker?

Über die Frage, welche Aufgaben der Testamentsvollstrecker hat, entscheidet alleine der Erblasser. In der Praxis haben sich zwei verschiedene Arten von Testamentsvollstreckung herausgebildet.

So kann sich der Erblasser darauf beschränken, den Testamentsvollstrecker mit der Abwicklung der Erbschaft zu beauftragen. In diesem Fall hat der Testamentsvollstrecker lediglich die vom Erblasser in seinem Testament getroffenen Verfügungen nach Eintritt des Erbfalls umzusetzen. Die so genannte Abwicklungsvollstreckung ist der Regelfall bei einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung.

Ist der Testamentsvollstrecker mit der bloßen Abwicklung des Nachlasses betraut, dann muss er den Nachlass im Regelfall sichten, in Besitz nehmen, diejenigen Forderungen, die sich gegen den Nachlass richten (z.B. Vermächtnisse, Erbschaftsteuerforderung des Finanzamts) zu regulieren und nachfolgend den Nachlass unter den Erben zu verteilen.

Eine Verwaltungsvollstreckung kann lange dauern

Über die reine Abwicklung der Erbschaft hinaus kann der Erblasser einen Testamentsvollstrecker aber auch mit der Aufgabe betrauen, den Nachlass für einen gewissen Zeitraum zu verwalten. Ein solcher Zeitraum kann sich bis zu 30 Jahre nach Eintritt des Erbfalls erstrecken, § 2210 BGB.

Erst nach Ablauf dieses maximal dreißigjährigen Zeitraums geht der Nachlass an den Erben. Ein so mit der Verwaltung des Nachlasses beauftragter Testamentsvollstrecker ist zur Auseinandersetzung des Nachlasses grundsätzlich nicht befugt.

Ohne triftigen Grund wird ein Erblasser in aller Regel allerdings eine solche Dauervollstreckung durch einen Testamentsvollstrecker nicht anordnen, wird man beim Erblasser doch grundsätzlich den Willen unterstellen, dass er sein Vermögen auf den oder die Erben übertragen will.

In der Praxis kommt eine - auch länger andauernde - Verwaltungsvollstreckung vor allem bei minderjährigen Erben in Betracht, die zumindest bis zum Erreichen der Volljährigkeit einen Testamentsvollstrecker an die Seite gestellt bekommen sollen.

Die Auswirkungen der Testamentsvollstreckung

Hat der Erblasser in seinem Testament eine Testamentsvollstreckung angeordnet, so sind die Folgen für den oder die Erben drastisch.

Obwohl die vom Erblasser eingesetzten Erben ihre Erbenstellung durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung natürlich nicht verlieren, ist die Rechtsstellung der Erben durch eine angeordnete Testamentsvollstreckung massiv beeinträchtigt.

Solange die Testamentsvollstreckung andauert, hat der Testamentsvollstrecker (und nicht die Erben) das Recht, die einzelnen Nachlassgegenstände in Besitz zu nehmen. Gleichfalls ist nur der Vollstrecker (und nicht die Erben) berechtigt, über die zum Nachlass gehörenden Gegenstände zu verfügen, § 2205 S. 2 BGB.

Welche Rechte behält der Erbe?

Ungeachtet dieser umfassenden Verlagerung von Rechten auf den Testamentsvollstrecker verbleibt dem Erben natürlich das Recht zu entscheiden, ob er die ihm angetragene Erbschaft überhaupt annehmen will oder ob er die Erbschaft ausschlagen will.

Ebenfalls kann der Erbe im Einzelfall seine Haftung beschränken. Er kann ein Nachlassinventar erstellen oder gegebenenfalls die Nachlassverwaltung oder die Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen.

Ein pflichtteilsberechtigter Erbe kann den mit der Anordnung einer Testamentsvollstreckung verbundenen Einschränkungen sogar zur Gänze entgehen.

Nach § 2306 BGB hat er nämlich das Recht, die (mit der Testamentsvollstreckung belastete) Erbschaft auszuschlagen und seinen unbelasteten Pflichtteil zu verlangen.

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