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Nachlassimmobilie soll auf einen Miterben übertragen werden – Voreintragung der Erbengemeinschaft in das Grundbuch ist nicht erforderlich

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Bamberg – Beschluss vom 24.01.2017 – 5 W 1/17

  • Ein Miterbe übernimmt den kompletten Nachlass mitsamt Nachlassimmobilien
  • Grundbuchamt weigert sich, den übernehmenden Erben als neuen Eigentümer in das Grundbuch aufzunehmen
  • OLG: Voreintragung der Erbengemeinschaft ist nicht erforderlich

Das Oberlandesgericht Bamberg hatte über die Frage zu befinden, ob zunächst eine Erbengemeinschaft in das Grundbuch eingetragen werden muss, bevor ein Miterbe, der eine Nachlassimmobilie alleine übernehmen will, als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden kann.

In der Angelegenheit war ein Erblasser von zwei Erben beerbt worden. Die beiden Erben einigten sich friedlich über die Verteilung des Nachlasses, zu dem auch eine Immobilie gehörte.

Die Erben suchten einen Notar auf, bei dem sie einen Auseinandersetzungsvertrag beurkunden ließen. In diesem Vertrag einigten sich die Erben dahingehend, dass der eine Erbe den Nachlass komplett übernimmt und der andere Erbe zum Ausgleich eine Geldzahlung erhält und aus der Erbengemeinschaft ausscheidet.

Unter Vorlage dieses Vertrages beantragte der Erbe, der den Nachlass komplett übernehmen sollte, beim Grundbuchamt die Umschreibung des Grundbuchs in Bezug auf die Nachlassimmobilie.

Grundbuchamt lehnt Korrektur des Grundbuchs ab

Das Grundbuchamt weigerte sich aber, die beantragte Grundbuchkorrektur zu vollziehen. Es vertrat vielmehr unter Hinweis auf § 39 GBO (Grundbuchordnung) die Auffassung, dass zunächst die Erbengemeinschaft als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden müsse. Erst nachfolgend könne der übernehmende Erbe als Eigentümer in das Grundbuch aufgenommen werden.

Der Urkundsnotar legte gegen diese Zwischenverfügung des Grundbuchamtes Beschwerde zum Oberlandesgericht ein. Die Beschwerde hatte auch Erfolg.

In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG darauf hin, dass zwar nach § 39 GBO eine Eintragung in das Grundbuch nur dann erfolgen kann, wenn die Person, deren Recht durch die Eintragung betroffen wird, als der Berechtigte im Grundbuch eingetragen ist.

OLG: Erbengemeinschaft muss nicht voreingetragen werden

Dies bedeute vorliegend aber nicht, so das OLG, dass zunächst die Erbengemeinschaft und erst nachfolgend der übernehmende Erbe eingetragen werden müsse.

Vielmehr komme vorliegend die Vorschrift des § 40 GBO zur Anwendung. Danach ist, so das OLG, „die Vorschrift des § 39 Abs. 1 GBO … nicht anzuwenden, wenn die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten ist und wenn die Übertragung oder Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll.“

Im zu entscheidenden Fall sei die Erbengemeinschaft Erbe im Sinne von § 40 GBO geworden. Mit der vom Antragsteller vorgelegten notariellen Erbauseinandersetzungsurkunde sei eine Übertragung des Rechts auf den Antragsteller im Sinne des § 40 GBO erfolgt.

Übernehmender Miterbe soll von Gebührenbefreiung profitieren können

Dass in einem solchen Fall einer Erbauseinandersetzung keine Voreintragung der Erbengemeinschaft im Grundbuch erforderlich ist, ergebe sich, so das OLG, auch aus der Regelung der Gebührenbefreiung nach Anm. 1 S. 2 zu Nr. 14110 KV GNotKG.

Nach dieser kostenrechtlichen Vorschrift, die eine Gebührenbefreiung für die Grundbuchberichtigung im Erbfall vorsieht, könne ein Miterbe nur dann die Gebührenbefreiung nutzen, wenn er direkt als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird.

Würde zunächst die Erbengemeinschaft eingetragen, wäre der – im Erbfall einmalig gewährte – Vorteil der Gebührenbefreiung verbraucht. Dies würde jedoch dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck der Gebührenbefreiung widersprechen.

Die vom Grundbuchamt erlassene Zwischenverfügung wurde mithin vom OLG aufgehoben. Der übernehmende Erbe konnte direkt als neuer Eigentümer ins Grundbuch eingetragen werden.

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