Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers erlischt mit dem Tod des Arbeitnehmers – Erben haben keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung

Von: Dr. Georg Weißenfels

Bundesarbeitsgericht – Urteil vom 20.9.2011 – 9 AZR 416/10

  • Bundesarbeitsgericht hält einen Urlaubsabgeltungsanspruch nicht für vererblich
  • EuGH hebt das Urteil des BAG auf
  • Erben können Urlaubsabgeltung des Erblassers einfordern

UPDATE: Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 12.06.2014 entschieden, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch doch vererblich ist. Nähere Einzelheiten zu der Entscheidung des EuGH können hier nachgelesen werden.

UPDATE 2: Mit Entscheidung vom 06.11.2018 hat der EuGH, Az. C-569/16, seine Entscheidung aus dem Jahr 2014 bestätigt. Danach können die Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers von dessen ehemaligem Arbeitgeber eine finanzielle Vergütung für den von dem Arbeitnehmer nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub verlangen.

Das höchste deutsche Arbeitsgericht hatte die Frage zu klären, ob Erben einen Urlaubsabgeltungsanspruch des verstorbenen Erblassers nach § 7 Abs. 4 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz) gegen den Arbeitgeber geltend machen können.

In dem zu entscheidenden Fall war ein fest angestellter Berufskraftfahrer seit dem April 2008 krankheitsbedingt berufsunfähig gewesen. In den Jahren 2008 und 2009 hatte er keinen Urlaub genommen. Im April 2009 verstarb der Arbeitnehmer.

Ehefrau des Erblassers fordert Urlaubsabgeltung

Die Ehefrau des Arbeitnehmers war gemeinsam mit ihrem Sohn Erbin des Arbeitnehmers und forderte dessen Arbeitgeber nach Eintritt des Erbfalls auf, den von ihrem Mann und Erblasser nicht genommenen Urlaub für die Jahre 2008 und 2009 in Geld abzugelten und an sie als Erbin auszubezahlen.

Sie berief sich dabei auf die Regelung in § 7 Abs. 4 BUrlG, wonach der Urlaub abzugelten ist, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Dieser Abgeltungsanspruch, so die Ehefrau, sei nach Eintritt des Erbfalls Teil des Nachlasses und könne von ihr als Erbin geltend gemacht werden.

Gefordert wurde ein Betrag in Höhe von Euro 3.692,31 zuzüglich Zinsen. Nachdem sich der Arbeitgeber weigerte, den Anspruch zu erfüllen, erhob die Ehefrau als Erbin Klage zum Arbeitsgericht. Dort wurde ihre Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung ging die Erbin in Berufung. Und tatsächlich urteilte die nächste Instanz, das Landesarbeitsgericht, zu ihren Gunsten.

Bundesarbeitsgericht entscheidet zugunsten des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber wurde zur Zahlung verurteilt. Dieses Urteil wollte aber der Arbeitgeber nicht hinnehmen und legte Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts zum Bundesarbeitsgericht nach Erfurt ein.

Dort wurde die Angelegenheit letztinstanzlich zugunsten des Arbeitgebers entschieden. Der geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch konnte von der Erbin nicht eingefordert werden.

In seiner Begründung der Entscheidung ließ das BAG ausdrücklich offen, ob ein Urlaubsabgeltungsanspruch vererbbar ist und im zu entscheidenden Fall in den Nachlass gefallen sei.

Der Anspruch der Klägerin scheiterte vielmehr daran, dass nach Auffassung des BAG der Urlaubsanspruch des Erblassers mit dessen Tod untergegangen sei. Nach Wegfall des Urlaubsanspruchs mit dem Tod des Arbeitnehmers konnte sich dieser auch nicht mehr in einen Abgeltungsanspruch iSv. § 7 Abs. 4 BUrlG umwandeln.

Voraussetzung für einen Abgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG sei, so das BAG, immer, dass der Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch lebt. Wird das Arbeitsverhältnis dagegen mit dem Tod des Arbeitnehmers beendet, so erlischt mit dieser Beendigung zugleich auch der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers.

Ein Urlaubsabgeltungsanspruch kann in diesem Fall gar nicht mehr entstehen.

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