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Tierschutzverein schlägt Erbschaft aus – Ausschlagung unwirksam

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Bremen – Beschluss vom 12.05.2015 – 5 W 9/15

  • Erster Vorsitzender eines Tierschutzvereins schlägt Erbschaft aus
  • Der Vorsitzende alleine konnte den Verein nicht wirksam vertreten
  • Ausschlagung der Erbschaft ist unwirksam

Das Oberlandesgericht Bremen hatte in einer Erbscheinsangelegenheit zu klären, ob die von einem in einem Testament bedachten Verein erklärte Ausschlagung der Erbschaft wirksam war.

Die Erblasserin hatte am 15.01.2006 ein privates Testament errichtet. In diesem Testament bestimmte die Erblasserin, dass nach ihrem Ableben ein Tierschutzverein das in ihrem Eigentum stehende Grundstück und ihr Sparbuch erhalten solle.

Ein Verwandter, so die Bestimmungen des Testaments, sollte das sonstige Inventar der Erblasserin erhalten.

Die Erblasserin verstarb im Jahr 2010.

Nach dem Ableben der Erblasserin erfolgte durch das zuständige Nachlassgericht die Testamentseröffnung. Der Verein wurde ebenso wie der Verwandte von dem Inhalt des Testaments in Kenntnis gesetzt.

Vorsitzender des Vereins erklärt gegenüber dem Nachlassgericht die Ausschlagung der Erbschaft

Am 03.05.2010 erklärte der erste Vorsitzende des Vereins gegenüber dem Nachlassgericht für den Verein die Ausschlagung der Erbschaft. Die Satzung des Vereins sah allerdings vor, dass der Verein wirksam nur von dem ersten und zweiten Vorsitzenden gemeinsam vertreten werden konnte. Der zweite Vorsitzende des Vereins war allerdings an der Ausschlagung der Erbschaft nicht beteiligt.

Der Verwandte beantragte in der Folge im Hinblick auf die vom Verein erklärte Ausschlagung der Erbschaft beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als alleinigen Erben kraft gesetzlicher Erbfolge ausweisen sollte.

Diesem Antrag entsprach das Nachlassgericht und erteilte dem Verwandten den beantragten Erbschein.

Im März 2012 beantragte der Verein beim Nachlassgericht dieses Erbschein als unrichtig einzuziehen. Zur Begründung verwies der Verein darauf, dass der erste Vorsitzende nicht befugt gewesen sei, den Verein alleine zu vertreten. Die vom ersten Vorsitzenden erklärte Ausschlagung der Erbschaft sei mithin unwirksam.

Verein beantragt die Einziehung des Erbscheins

Nach anfänglichem Zögern folgte das Nachlassgericht dem Antrag des Vereins. Es zog den dem Verwandten erteilten Erbschein als unrichtig ein und erteilte nunmehr dem Verein einen Erbschein, der den Verein als alleinigen Erben auswies.

Dies wollte aber der Verwandte nicht auf sich sitzen lassen und legte gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts Beschwerde zum Oberlandesgericht ein. Er machte in seiner Beschwerde geltend, dass sich der Verein das Handeln seines ersten Vorsitzenden habe zurechnen lassen müssen. Die seinerzeit erklärte Ausschlagung sei mithin als wirksam anzusehen.

Die Beschwerde wurde vom OLG als unbegründet zurück gewiesen.

In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG darauf hin, dass das Nachlassgericht mit Recht davon ausgegangen sei, dass die lediglich vom ersten Vorsitzenden des Vereins erklärte Ausschlagung der Erbschaft nicht wirksam gewesen sei.

Vorsitzender konnte den Verein alleine nicht wirksam vertreten

Der erste Vorsitzende alleine sei zu einer solchen Handlung aufgrund der Vereinssatzung nicht befugt gewesen.

Das Handeln des Vorsitzenden habe sich der Verein auch nicht nach den Grundsätzen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht anrechnen lassen müssen. Diese Grundsätze würden, so das OLG, dem Vertrauensschutz dienen und könnten auf eine amtsempfangsbedürftige Willenserklärung, wie die Erklärung der Ausschlagung der Erbschaft, nicht angewendet werden.

Das Nachlassgericht würde sich nämlich bei der Entgegennahme der Ausschlagungserklärung keine Gedanken darüber machen, ob die Erklärung wirksam sein oder nicht. Aufgabe des Nachlassgerichts sei lediglich, die Erklärung entgegenzunehmen und zu beurkunden.

Danach wurde die Beschwerde des Verwandten zurückgewiesen.

Alleiniger Erbe war und blieb der Tierschutzverein.

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