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Sozialhilfe und Erbschaft – Hat man weiter einen Anspruch auf staatliche Unterstützung?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Bei der Sozialhilfe gilt der Nachranggrundsatz staatlicher Hilfe
  • Einkommen und Vermögen müssen vom Hilfsbedürftigen eingesetzt werden
  • Es ist im Einzelfall zu klären, ob eine Erbschaft „Vermögen“ oder „Einkommen“ ist

Wer aufgrund seiner besonderen Lebenssituation nicht in der Lage ist, für seinen eigenen Lebensunterhalt zu sorgen, der hat grundsätzlich Anspruch auf staatliche Sozialhilfe nach dem SGB XII (Sozialgesetzbuch 12. Teil).

Aufgabe der staatlichen Sozialhilfe ist es dabei, dem Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht.

Ein tragender Grundsatz dieser staatlichen Existenzsicherung ist der Gedanke des Nachrangs der Sozialhilfe. Danach hat derjenige keinen Anspruch auf Sozialhilfe, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann, § 2 SGB XII.

Dieser Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe wird immer dann aktuell, wenn ein an sich Leistungsberechtigter im Rahmen einer Erbschaft geldwerte Leistungen erhält.

Sozialhilfeempfänger muss eigene Mittel einsetzen

Immer dann, wenn ein Sozialhilfeempfänger also als Erbe, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigter Auflagenbegünstigter etwas aus einer Erbschaft erhält, steht dem Grunde nach eine Kürzung oder sogar der komplette Wegfall der staatlichen Sozialhilfeleistungen im Raum.

Ob und in welchem Umfang ein Gelderwerb aus einer Erbschaft die Sozialhilfe tangiert, hängt massiv von der Frage ab, oder der Erwerb aus der Erbschaft als „Einkommen“ oder als „Vermögen“ im sozialrechtlichen Sinne angesehen wird.

Unter Einkommen versteht das SGB XII „alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert“.

Ist das Geld oder der Geldeswert zu Beginn eines Bedarfszeitraumes für die Sozialhilfe aber bereits vorhanden, dann ist es Teil des Vermögens.

Wichtige Unterscheidung zwischen Vermögen und Einkommen

Die Unterscheidung zwischen Einkommen und Vermögen in Zusammenhang mit einer Erbschaft ist für den Leistungsempfänger deshalb so wichtig, da § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII für das Vermögen Schutzvorschriften vorsieht. Soweit Vermögen zu so genannten „Schonvermögen“ im Sinne von § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII zählt, darf es der Leistungsberechtigte grundsätzlich behalten und muss es sich nicht auf die staatlichen Unterstützungsleistungen anrechnen lassen.

Einkommen nach § 82 SGB XII hingegen ist grundsätzlich immer zu verbrauchen bzw. zu verwerten, um den eigenen Lebensunterhalt sicherzustellen.

Zum – nicht zu berücksichtigenden – Schonvermögen § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII nach gehört zum Beispiel:

  • ein angemessener Hausrat,
  • Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
  • Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
  • Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
  • ein angemessenes Hausgrundstück,
  • kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte.

All diese Vermögenswerte tangieren die Sozialhilfe demnach nicht, selbst wenn sie dem Leistungsberechtigten als Vermögen im Rahmen einer Erbschaft zufließen.

Besondere Härte für den Sozialhilfeampfänger

Weiter sieht § 90 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Vermögens des Leistungsberechtigten vor, dass die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden darf, „soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde.“

Man darf aber im Einzelfall davon ausgehen, dass die Behörden immer versuchen  werden, geldwerte Mittel aus einer Erbschaft als „Einkommen“ und gerade nicht als „Vermögen“ zu bewerten, um so den Vorschriften § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII zu entgehen.

Wann Mittel aus einer Erbschaft als Vermögen und wann sie als Einkommen zu bewerten sind, ist dabei in Rechtsprechung und Literatur zwar immer wieder thematisiert, aber noch nicht abschließend geklärt worden.

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