Wie kann der Erbe seine Haftung für Schulden des Erblassers ausschließen oder einschränken?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Ist der Nachlass überschuldet, kann und sollte man die Erbschaft ausschlagen
  • Aufgebotsverfahren und Nachlassverwaltung schützt den Erben, der eine überschuldete Erbschaft angenommen hat
  • Dürftigkeitseinrede bei überschuldetem Nachlass

Mit dem Tod einer Person geht deren Vermögen als Ganzes auf seine Erben über, § 1922 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Die Betonung in diesem Satz liegt auf den Wörtern „als Ganzes“. Sie bedeuten, dass die Erben nicht nur das Geld, den Schmuck die Eigentumswohnung des Erblassers erhalten, sondern auch seine Schulden.

Wenn man eine Erbschaft antritt bedeutet diese im deutschen Erbrecht verankerte Gesamtrechtsnachfolge, dass man nach Abwicklung der Erbschaft möglicherweise ärmer ist als vor dem Sterbefall. Übersteigen die Schulden des Erblassers den positiven Wert des Nachlasses und leitet man nicht beizeiten die erforderlichen Schritte ein, dann hat man für die Schulden des Erblassers nicht nur mit dem ererbten Vermögen gerade zu stehen, sondern auch mit dem eigenen.

Für die Ausschlagung des Erbes hat man sechs Wochen Zeit

Wenn man weiß oder zeitnah nach Anfall der Erbschaft in Erfahrung bringt, dass der Nachlass überschuldet ist, dann hat man binnen einer Frist von sechs Wochen die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen, § 1943 BGB. Man wird im Falle der Ausschlagung zwar nicht Erbe, hat im Gegenzug aber auch keine Haftungsprobleme hinsichtlich der Schulden des Erblassers.

Hat man die Erbschaft erst einmal angenommen, kann man nach Ablauf der Ausschlagungsfrist prüfen, ob man die Annahme der Erbschaft anfechten kann, da man sich in einem die Anfechtung rechtfertigenden Irrtum befunden hat, § 1954 BGB.

Um festzustellen, ob der Nachlass überschuldet ist, kann der Erbe nach Annahme der Erbschaft das so genannte Aufgebotsverfahren nach §§ 1970 ff. BGB nutzen. Bei diesem Verfahren fordert man Nachlassgläubiger über das zuständige Nachlassgericht auf, ihre Forderungen binnen einer bestimmten Frist anzumelden, §§ 433 ff. FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).

Haben sich Gläubiger des Erblassers nicht rechtzeitig gemeldet, dann behalten sie zwar grundsätzlich ihre Forderungen, können diese aber nur noch aus dem Nachlass (und nicht aus sonstigem Privatvermögen des Erben) befriedigen, § 1973 BGB. Das Haftungsrisiko des Erben reduziert sich also auf den Nachlass. Sein Privatvermögen kann durch das Aufgebotsverfahren in Sicherheit gebracht werden.

Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenzverfahren schützen den Erben

Einen ähnlichen Effekt kann der Erbe auch nach Annahme der Erbschaft durch die Beantragung einer Nachlassverwaltung oder durch Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens nach § 1975 BGB erzielen. Wird eines der beiden Verfahren eingeleitet, beschränkt sich die Haftung des Erben wiederum auf den Nachlass. Sein Privatvermögen bleibt unangetastet.

Die Nachlassverwaltung sollte beantragt werden, wenn sich der Erbe unsicher ist, ob die Erbschaft zur Begleichung sämtlicher Erblasserschulden ausreicht. Die Nachlassinsolvenz ist das richtige Verfahren, wenn davon auszugehen ist, dass der Nachlass tatsächlich überschuldet ist.

Wird die Nachlassverwaltung bzw. das Nachlassinsolvenzverfahren nicht durchgeführt, weil im Nachlass nicht einmal genügend Mittel vorhanden sind, um die Kosten der Verfahren zu decken, dann steht dem Erben die so genannte Dürftigkeitseinrede des § 1990 BGB gegen die Gläubiger zu.

Auch mit Hilfe dieser Einrede kann der Erbe erreichen, dass er allenfalls mit der gemachten Erbschaft – und nicht mit dem Privatvermögen – für Schulden des Erblassers haften muss.

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