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Wer im Erbscheinverfahren eine Beschwerde zurücknimmt, hat die Kosten des Verfahrens zu tragen

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Hamm – Beschluss vom 03.09.2015 – 10 W 161/14

  • Im Erbscheinverfahren wird die Testierfähigkeit der Erblasserin problematisiert
  • Beschwerde gegen Entscheidung des Nachlassgerichts
  • Nach Beschwerderücknahme trägt die Beschwerdeführerin sämtliche Kosten

Das Oberlandesgericht Hamm hatte über die Frage zu befinden, wer die Kosten eines Beschwerdeverfahrens in einem Streit über einen Erbschein zu tragen hat, wenn die Beschwerde im laufenden Verfahren zurückgenommen wird.

In der Angelegenheit hatte eine sehr vermögende Erblasserin am 15.06.2004 ein Testament errichtet.

Nach dem Tod der Erblasserin hatte der im Testament eingesetzte Alleinerbe beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragt.

Testierfähigkeit der Erblasserin wird problematisiert

Das Nachlassgericht beteiligte an diesem Verfahren auch weitere in Frage kommende gesetzliche Erben. Von deren Seite wurden dann in dem Erbscheinverfahren auch thematisiert, ob die Erblasserin im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments überhaupt testierfähig gewesen ist.

So glaubte ein Beteiligter, der im Testament nicht als Erbe benannt worden war, der Nachlassakte und der Betreuungsakte „vereinzelt Anknüpfungstatsachen“ für eine Testierunfähigkeit der Erblasserin zu Zeitpunkt der Errichtung des Testaments entnehmen zu können.

Die spätere Beschwerdeführerin hatte sich in dem Verfahren vor dem Nachlassgericht inhaltlich an den Diskussionen rund um die Frage der Testierfähigkeit überhaupt nicht beteiligt.

Hingegen trug der in dem Testament als Erbe eingesetzte Beteiligte in dem Verfahren umfangreiche Tatsachen vor, die die Testierfähigkeit der Erblasserin bestätigten.

Nachlassgericht will Erbschein erteilen

Das Nachlassgericht stellte in der Folge in Aussicht, dem im Testament benannten Erben den beantragten Erbschein zu erteilen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Frage der Testierfähigkeit hielt das Nachlassgericht nicht für erforderlich.

Hiergegen legte die Beteiligte, die sich in dem Verfahren inhaltlich noch überhaupt nicht geäußert hatte, Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

In der Folge erkannte die Beschwerdeführerin aber offenbar die Aussichtslosigkeit dieses Unterfangens und nahm die Beschwerde wieder zurück.

Mit dieser Rücknahme des Rechtsmittels war dann die Erbfolge nach der Erblasserin geklärt.

In Hinblick auf die Kosten hatte die Rücknahme der Beschwerde aber für die Beschwerdeführerin drastische Konsequenzen.

OLG erlegt der Beschwerdeführerin die Kosten auf

Das Oberlandesgericht erlegte der Beschwerdeführerin nämlich die kompletten Kosten des Beschwerdeverfahrens inklusive der außergerichtlichen Kosten von drei weiteren – anwaltlich vertretenen – Beteiligten auf.

Das OLG argumentierte im Hinblick auf die Kostenentscheidung mit der gesetzlichen Regelung in § 84 FamFG. Danach sahen die Richter in der Rücknahme der Beschwerde ein erfolgloses Rechtsmittel im Sinne von § 84 FamFG.

Bei der Rücknahme eines Rechtsmittels entspreche es in aller Regel der Billigkeit, „dass derjenige, der das Rechtsmittelverfahren in Gang gebracht hat, die einem anderen Beteiligten dadurch erwachsenen Kosten erstattet“.

Nachdem die Beschwerde auch ohne Rücknahme erfolglos geblieben wäre, sahen die Richter keine Veranlassung, von diesem Grundsatz abzuweichen.

In Anbetracht eines Geschäftswertes von 7.000.000 Euro hatte die erfolglose Beschwerdeführerin für die entstandenen Anwalts- und Gerichtskosten einen beachtlichen Betrag aufzuwenden.

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