Sozialhilfeträger fordert von Sohn der bedürftigen Mutter Schenkung zurück

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Köln – Urteil vom 09.03.2017 – 7 U 119/16

  • Mutter verzichtet gegenüber dem Sohn auf ein Nießbrauchrecht an einer Immobilie
  • Mittellose Mutter kommt in ein Pflegeheim
  • Sozialhilfeträger fordert vom Sohn Wertersatz für die erhaltene Schenkung

Das Oberlandesgericht Köln hatte über die Frage zu befinden, ob ein Sozialhilfeträger von einem Sohn dann eine Schenkung seiner Mutter zurückfordern kann, wenn die Mutter in einem Pflegeheim in vollstationärer Pflege untergebracht ist und die Kosten für die Unterbringung von der Sozialbehörde aufgebracht werden müssen.

Die Mutter erlitt im Frühjahr 2007 eine Hirnblutung. Sie musste daraufhin in ein Pflegeheim aufgenommen werden. Nachdem die Mutter über keine eigenen ausreichenden Geldmittel für die Kosten des Pflegeheims verfügte, sprang das Sozialamt hierfür ein.

Die Mutter hatte ihrem Sohn bereits im Jahr 1995 ein Hausgrundstück geschenkt. Im Rahmen dieser Schenkung hatte sich die Mutter allerdings ein lebenslanges Nießbrauchrecht vorbehalten.

Nießbrauch wird gelöscht und Immobilie veräußert

Im Juni 2008 veräußerte der Sohn das Hausgrundstück an einen Erwerber zu einem Kaufpreis von 100.000 Euro. Gleichzeitig mit der Veräußerung und Übertragung des Hausgrundstücks wurde das zugunsten der Mutter im Grundbuch eingetragene Nießbrauchrecht gelöscht.

Die Mutter stimmte der Löschung des ihr zustehenden Nießbrauchsrechts ausdrücklich zu. Eine Gegenleistung erhielt die Mutter für diesen Verzicht von ihrem Sohn nicht.

In der Folge machte der Sozialhilfeträger aus übergeleitetem Recht, § 93 SGB XII, einen Anspruch nach § 528 BGB wegen Verarmung des Schenkers bei dem Sohn geltend. Die Behörde widerrief die Schenkung der Mutter an ihren Sohn.

Widerruf der Schenkung wegen Verarmung der Mutter

Der Sozialhilfeträger argumentierte, dass die Mutter ihrem Sohn durch den Verzicht auf den Nießbrauch eine Schenkung gemacht habe. Diese Schenkung könne die Mutter wegen Verarmung nach § 528 BGB von ihrem Sohn zurückfordern.

Diesen Rückforderungsanspruch leitete die Behörde nach § 93 SGB XII auf sich über und forderte den Sohn auf, den Wert des Nießbrauchs, auf den die Mutter verzichtet hatte, zu erstatten.

Nachdem der Sohn den Anspruch nicht anerkannte, ging die Sache zu Gericht.

In erster Instanz vor dem Landgericht wurde der Sohn verurteilt, an den Sozialhilfeträger einen Betrag in Höhe von 52.120,66 Euro nebst Zinsen zu bezahlen.

OLG bestätigt dem Grunde nach das Urteil des Landgerichts

Gegen dieses Urteil legte der Sohn Berufung zum OLG ein. Dort sah man die Sache aber ähnlich wie das Ausgangsgericht. Man ermäßigte die Zahlungsverpflichtung des Sohnes lediglich auf einen Betrag in Höhe von 41.075 Euro nebst Zinsen, nachdem das Berufungsgericht den Wert des Nießbrauchs, auf den die Mutter verzichtet hatte, abweichend beurteilte.

In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG darauf hin, dass die Mutter ihrem Sohn durch den Verzicht auf den Nießbrauch eine Schenkung gemacht habe.

Weiter, so das OLG, würden auch die Voraussetzungen für den Widerruf einer Schenkung nach § 528 BGB vorliegen.

Vom Sohn sei mithin die von seiner Mutter gemachte Schenkung an den Sozialhilfeträger herauszugeben. Im Ergebnis schulde der Sohn damit den Ersatz des Wertes, der durch den Wegfall des Nießbrauches zu einer Erhöhung des Verkehrswertes der Immobilie geführt habe.

Erst durch den Verzicht auf den lebenslangen Nießbrauch durch die Mutter sei die Immobilie überhaupt verkäuflich geworden.

Wert des Nießbrauchs muss kapitalisiert werden

Bei der Bemessung dieses Wertes stützte sich das OLG schließlich auf ein Gutachten des Gutachterausschuss des Amts für Bodenmanagement der betroffenen Stadt. Im Rahmen der Bewertung der Schenkung sei der Nießbrauch und dessen jährlicher Nutzungswert unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Lebenserwartung des Nießbrauchberechtigten und dem langfristig zu erwartenden Kapitalzins zu kapitalisieren.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kam das OLG zu einem im Vergleich zu den Ermittlungen des Landgerichts um über 10.000 Euro niedrigeren Wert der Schenkung.

In Anbetracht dieses Ergebnisses und den Kosten für das Gerichtsverfahren, die ebenfalls großteils vom beklagten Sohn zu tragen waren, musste der Sohn den überwiegenden Teil der erhaltenen Schenkung wieder herausgeben.

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