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Erblasser erteilt postmortale Vollmacht und ordnet gleichzeitig Testamentsvollstreckung an – Was gilt?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 26.07.2012 – 34 Wx 248/12

  • Vater erteilt seinem Sohn zu Lebzeiten eine Vollmacht
  • Sohn will nach dem Tod des Vaters mithilfe der Vollmacht das Grundbuch berichtigen
  • Grundbuchamt verweigert den Vollzug mit Hinweis auf eine vom Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung

Das Oberlandesgericht München hatte sich in einer Grundbuchsache mit der Frage auseinander zu setzen, in welchem Verhältnis eine vom Erblasser noch zu Lebzeiten erteilte postmortale Vollmacht zu einer vom Erblasser in seinem Testament angeordneten Testamentsvollstreckung steht.

Der Erblasser hatte in der vom OLG zu entscheidenden Angelegenheit seinem Sohn im Dezember 2002 durch notariellen Vertrag eine Eigentumswohnung übertragen. In dem notariellen Übertragungsvertrag vereinbarten Vater und Sohn jedoch zugunsten des Vaters einen aufschiebend bedingten Rückübertragungsanspruch und sicherten diesen Anspruch durch eine so genannte Rückauflassungsvormerkung im Grundbuch.

Mittels dieser Vormerkung im Grundbuch war sichergestellt, dass der Rückübertragungsanspruch des die Wohnung übertragenden Vaters gegenüber jedermann, also auch einen möglichen Erwerber der Wohnung, durchgesetzt werden konnte.

Vater erteilt dem Sohn eine Vollmacht

Gleichzeitig räumte der Vater seinem Sohn jedoch in der notariellen Übertragungsurkunde die Vollmacht ein, die zu Gunsten des Vaters in das Grundbuch eingetragene Rückauflassungsvormerkung nach seinem Tod wieder löschen zu lassen. Der Sohn sollte gegenüber dem Grundbuchamt zu diesem Zweck lediglich die Sterbeurkunde des Vaters vorlegen müssen.

Am 04.03.2010 verstarb der Erblasser. Er hatte ein notarielles Testament hinterlassen, in dem er seinen Sohn zwar als Erben einsetzte, ihn aber gleichzeitig mit Vermächtnissen zugunsten Dritter belastete. Auch im Hinblick auf die Erfüllung dieser Vermächtnisse sowie der Auseinandersetzung diverser zum Nachlass gehörender Grundstücke ordnete der Erblasser in seinem Testament eine Testamentsvollstreckung an.

Nach dem Tod seines Vaters beantragte der Sohn nunmehr unter Vorlage einer Sterbeurkunde und unter Hinweis auf die ihm von seinem Vater erteilte Vollmacht beim Grundbuchamt die Löschung der zu Gunsten seines Vaters eingetragenen Rückauflassungsvormerkung.

Grundbuchamt fordert die Zustimmung des Testamentsvollstreckers

Das Grundbuchamt verweigerte jedoch durch Zwischenverfügung die beantragte Löschung und forderte den Sohn vielmehr auf, eine Bewilligung des Testamentsvollstreckers vorzulegen. Die dem Sohn vom Vater noch zu Lebzeiten erteilte Löschungsvollmacht sei, so das Grundbuchamt, mit dem Ableben des Vaters erloschen.

Gegen diese Entscheidung des Grundbuchamtes richtete sich die Beschwerde des Sohnes.

Das Oberlandesgericht gab der Beschwerde statt. Es wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass von den Gerichten bereits wiederholt festgestellt worden sei, dass eine vom Erblasser noch zu Lebzeiten erteilte Vollmacht durchaus selbstständig neben einer ebenfalls vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung stehen und dem Bevollmächtigten autonome vom Erblasser vermittelte Rechte vermitteln kann.

Was hat der Erblasser gewollt?

Am Ende komme es für das Verhältnis von Bevollmächtigten und Testamentsvollstrecker auf das an, was der Erblasser gewollt hat. Die Vollmacht könne den Testamentsvollstrecker in seinen Rechten beschränken und umgekehrt.

Im zu entscheidenden Fall spreche, so das Gericht, viel dafür, dass der Sohn seine Vollmacht unabhängig vom Testamentsvollstrecker einsetzen dürfe und so die Vormerkung zur Löschung bringen könne. Der Vater wollte seinem Sohn mit der Erteilung der Vollmacht ersichtlich die Löschung der Vormerkung erleichtern.

Das vom Grundbuchamt aufgestellte Erfordernis der Genehmigung durch den Testamentsvollstrecker würde diesen Willen des Erblassers allerdings durchkreuzen.

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