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Dürfen bei dem Erblasser nach seinem Tod Organe entnommen werden?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Organentnahme ist mit lebzeitig erfolgter Einwilligung des Betroffenen nach seinem Tod möglich
  • Zustimmungsrecht kann anderen Personen übertragen werden
  • Angehörige können Organspende zustimmen

Die Frage, ob bei einem in Deutschland verstorbenen Menschen Organe entnommen werden dürfen, um sie im Rahmen der Heilbehandlung bei erkrankten Menschen zu verwenden, ist seit dem Jahr 1997 durch ein Gesetz geregelt.

In dem Transplantationsgesetz (TPG) sind die Umstände, unter denen nach dem Tod eines Menschen zum Beispiel die Nieren, das Herz oder die Bauchspeicheldrüse dem Leichnam entnommen werden dürfen, detailliert festgelegt.

Ziel des Transplantationsgesetzes war und ist, die Bereitschaft in der Bevölkerung zur Organspende in Deutschland zu fördern. Leider wird diese an sich unterstützenswerte Absicht des Gesetzes in der Realität durch immer neue Meldungen zu Organspendeskandalen konterkariert. Offensichtlich macht das auch ansonsten verbreitete Streben nach materiellen Werten nicht vor Ärzten halt, die über die Frage der Verwendung gespendeter Organe maßgeblich entscheiden.

Organspende mit Einwilligung des Spenders

Eine Organentnahme beim Erblasser ist nach dessen Ableben nach § 3 Abs. 1 TPG unstreitig dann zulässig, wenn

  • der Erblasser vor seinem Tod in die Entnahme von Organen oder Gewebe eingewilligt hatte,
  • der Tod des Organ- oder Gewebespenders festgestellt ist, und
  • der Eingriff durch einen Arzt vorgenommen wird.

Die Einwilligung des Erblassers ergibt sich in aller Regel aus einem Organspenderausweis, kann aber auch in anderer Form erklärt worden sein.

Der Arzt, der den Eingriff an dem Leichnam vornehmen wird, hat den nächsten Angehörigen des Organ- oder Gewebespenders über die beabsichtigte Organ- oder Gewebeentnahme zu unterrichten.

Entnahme von Organen mit Zustimmung anderer Personen

Wesentlich schwieriger ist die Entnahme von Organen bei einem Leichnam, wenn sich der Verstorbene selber nicht positiv zu einer Organspende geäußert hat.

Zunächst einmal besteht die Möglichkeit, dass der Verstorbene zu Lebzeiten einer bestimmten Person, die nicht zwingend aus dem Angehörigenkreis kommen muss, die Entscheidung über eine Organ- oder Gewebeentnahme übertragen hat, § 4 Abs. 3 TPG. Liegt eine solche Bevollmächtigung vor, darf diese Person über die Frage der Organentnahme entscheiden.

Ist eine solche Vollmacht jedoch nicht erteilt worden, dann ist eine Organentnahme nur dann zulässig, wenn ein Arzt den nächsten Angehörigen über eine in Frage kommende Organ- oder Gewebeentnahme unterrichtet und dieser Angehörige der Entnahme zugestimmt hat.

Zustimmung zur Organspende durch Angehörige

Hier sind zunächst der überlebende Ehepartner des Erblassers, nachfolgend in folgender Reihenfolge die volljährigen Kinder, die Eltern, die Geschwister und schließlich die Großeltern befugt, eine Entscheidung zu treffen.

Der nächste Angehörige ist allerdings nur dann zu einer Entscheidung über eine Organentnahme befugt, wenn er in den letzten zwei Jahren vor dem Tod des Erblassers zu diesem persönlichen Kontakt hatte, § 4 Abs. 2 TPG.

Aus der vorgenannten Reihenfolge ergibt sich, dass es bei vorliegender Zustimmung der Witwe bzw. des Witwers zur Organentnahme auf eine gegenteilige Meinung der Kinder oder Eltern des Organspenders nicht ankommt.

Sind die Kinder des Erblassers zur Entscheidung über die Organentnahme berufen, dann reicht bereits der Widerspruch eines Kindes, um eine Organspende zu verhindern.

Schließlich ist eine Organentnahme jedenfalls immer dann unzulässig, wenn der Organspender selber noch zu Lebzeiten einer Organentnahme widersprochen hat, § 3 Abs. 2 TPG.

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