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Der Nachlassgläubiger will sich einen Überblick über den Nachlass verschaffen - Erstellung Nachlassverzeichnis durch Erben beantragen

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Wer Ansprüche gegen den Nachlass hat, kann sich Informationen verschaffen
  • Erben müssen Auskunft geben
  • Verweigert der Erbe die Auskunft, so hat das drastische Konsequenzen

Personen, die Forderungen gegen den Nachlass haben, sind nach Eintritt des Erbfalls informationstechnisch in einer schlechten Lage.

Altgläubigern des Erblassers ist mit dem Erbfall der ursprüngliche Schuldner im wahrsten Sinne des Wortes weggestorben. Jeder, der zum Zeitpunkt des Erbfalls noch offene Forderungen gegen den Erblasser hatte, muss sich ebenso wie Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigte mit dem Erben in Verbindung setzen und dort seine Forderungen geltend machen.

Ist der Erbe dem Grunde nach auch die richtige Anlaufstation, um mit dem Nachlass in Zusammenhang stehende Verbindlichkeiten einzufordern, so haben Nachlassgläubiger nach Eintritt des Erbfalls regelmäßig wenig Kenntnis von der Werthaltigkeit und der konkreten Zusammensetzung der Erbschaft. Sie können zumeist ebenso wenig abschätzen, welche Vermögenswerte zum Nachlass gehören, wie sie insbesondere regelmäßig nicht wissen, mit welchen Nachlassverbindlichkeiten eine Erbschaft belastet ist.

Das Gesetz gibt den Nachlassgläubigern allerdings ein Instrument an die Hand, um diesen Zustand der Unwissenheit zu beenden.

Nachlassgericht bestimmt dem Erben eine Frist zur Erstellung eines Inventars

Nachlassgläubiger können nämlich beim zuständigen Nachlassgericht jederzeit beantragen, dass dem Erben vom Gericht eine Frist zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses, auch Inventar genannt, gesetzt wird, § 1994 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

In einem solchen Inventar sind vom Erben sämtliche zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Nachlassgegenstände ebenso wie die Nachlassverbindlichkeiten vollständig anzugeben, § 2001 BGB.

Die dem Erben vom Gericht zu setzende Frist soll mindestens einen Monat und maximal drei Monate betragen, § 1995 BGB. Auf Antrag kann die Frist vom Gericht angemessen verlängert werden.

Das Nachlassverzeichnis kann vom Erben dabei nicht alleine erstellt werden. Er hat nach § 2002 BGB vielmehr einen Notar oder eine sonstige nach Landesrecht zuständige Amtsperson bei der Erstellung hinzuzuziehen.

Der Erbe liefert das Inventar nicht fristgerecht

Den größten anzunehmenden Unfall, den ein Erbe in einer solchen Situation produzieren kann, besteht in der Nichterrichtung des Inventars. Lässt er die vom Nachlassgericht gesetzte Frist nämlich ungenutzt und ohne Erstellung eines Nachlassverzeichnisses verstreichen, dann haftet er nach § 1994 Abs. 1 S. 2 BGB für sämtliche Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt.

Der Erbe verliert in diesem Fall sämtliche Möglichkeiten, seine Haftung für Nachlassverbindlichkeiten zu beschränken. Der Erbe kann in diesem Fall keine Nachlassverwaltung mehr beantragen. Wird eine Nachlassverwaltung oder ein Nachlassinsolvenzverfahren von einem Nachlassgläubiger beantragt, so hat dies für den Erben keine haftungsbeschränkende Wirkung mehr.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Erbe bei nicht fristgerechter Lieferung des Inventars für sämtliche Nachlassverbindlichkeiten nicht nur mit dem von ihm geerbten Nachlass, sondern auch mit seinem sonstigen Privatvermögen gerade stehen muss.

Die gleiche Rechtsfolge tritt ein, wenn der Erbe bewusst falsche Angaben in dem Inventar macht, § 2005 BGB.

Der Erbe errichtet das Inventar fristgerecht

Liefert der Erbe das Nachlassverzeichnis innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist ab, so können sich die Nachlassgläubiger durch Einsicht in dieses Verzeichnis einen Überblick über den Bestand der Erbschaft zum Zeitpunkt des Erbfalls verschaffen.

Das Nachlassgericht hat die Einsicht in das Inventar jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, also insbesondere jedem Nachlassgläubiger, § 2010 BGB. Auf diesem Weg können Gläubiger wertvolle Informationen für mögliche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Nachlass gewinnen.

Gleichzeitig können die Gläubiger mit Hilfe der so gewonnenen Erkenntnisse beurteilen, ob sie zur Sicherung ihrer Forderungen ihrerseits einen Antrag auf Nachlassverwaltung oder sogar Nachlassinsolvenz stellen sollten, um ihre Rechte gegenüber dem Erben zu wahren.

Bei fristgerechter Erstellung des Inventars durch den Erben verbleibt es jedoch zugunsten des Erben beim erbrechtlichen Haftungssystem des BGB.

Dies bedeutet, dass der Erbe auch nach Annahme der Erbschaft die Möglichkeit hat, seine Haftung auf die übernommene Erbschaft zu beschränken und sein sonstiges Privatvermögen vor den Nachlassgläubigern in Sicherheit zu bringen.

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