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Nachlassinsolvenz? Gefahr von Schadensersatzansprüchen gegen den Erben!

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Trotz Haftungsbeschränkung durch Nachlassinsolvenz sind persönliche Ansprüche gegen den Erben möglich
  • Erbe muss die Nachlassinsolvenz unverzüglich beantragen
  • Erbe haftet für die ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses persönlich

Eine Erbschaft ist für den Erben nicht immer mit einer Verbesserung der eigenen finanziellen Situation verbunden.

Hat der Erblasser zu Lebzeiten beispielsweise als Firmeninhaber oder angesehener Rechtsanwalt auch noch ein Leben auf sehr gehobenem Niveau geführt, so müssen die Erben nach dem Eintritt des Erbfalls manchmal feststellen, dass sie über die Geschäftspraktiken des Erblassers nicht in vollem Umfang informiert waren.

Wenn sich nach dem Erbfall dann plötzlich Steuerbehörden, Banken oder ehemalige Geschäftspartner des Erblassers beim Erben melden und Forderungen in schwindelerregender Höhe gegen Erben geltend machen, dann ist es für den Erben Zeit, sich mit den Besonderheiten eines Nachlassinsolvenzverfahrens vertraut zu machen.

Erbe haftet für Schulden des Erblassers

Ausgangspunkt der Überlegungen des Erben ist immer die gesetzliche Vorschrift des § 1967 Abs. 1 BGB.

Danach gilt:

Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten.

Dem Grunde nach hat der Erbe also die Verpflichtung, sämtliche Schulden des Erblassers und alle Ansprüche, die sich ehedem gegen den Erblasser gerichtet haben, zu regulieren. Dieser Verpflichtung muss der Erbe grundsätzlich auch mit eigenen Mitteln, und nicht nur mit dem von ihm geerbten Nachlass, nachkommen.

Bemerkt der Erbe nach Annahme der Erbschaft, dass ihm der Erblasser mehr Schulden als positives Vermögen hinterlassen hat, dann wird der Erbe nur in den seltensten Fällen ein Interesse daran haben, alle geerbten Schulden mit seinem Privatvermögen auszugleichen.

Bei der Suche nach einem Ausweg aus einer solchen eher unerfreulichen Situation stößt der Erbe sehr schnell auf die Möglichkeit eines so genannten Nachlassinsolvenzverfahrens nach § 1980 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), §§ 315 ff. InsO (Insolvenzordnung).

Haftungsbeschränkung durch Nachlassinsolvenzverfahren

Mit Hilfe eines solchen Nachlassinsolvenzverfahrens hat der Erbe die Möglichkeit, sein privates Vermögen vor dem Zugriff der Nachlassgläubiger in Sicherheit zu bringen. Mit Eröffnung des Verfahrens beschränkt sich die Haftung des Erben nämlich auf den von ihm geerbten Nachlass.

Läuft alles glatt, verliert der Erbe also maximal die positiven Vermögenswerte aus dem Nachlass zur Befriedigung der Nachlassgläubiger. Sein eigenes privates Vermögen wird von den geerbten Schulden nicht tangiert.

Soweit die graue Theorie. In der Praxis kann sich der Erbe im Falle einer Nachlassinsolvenz in aller Regel mit Verfahrenseröffnung nicht bequem zurücklehnen und dem Treiben des Insolvenzverwalters aus der Ferne zusehen.

Häufig muss sich der Erbe nämlich auch nach Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens mit gegen ihn persönlich gerichteten Ansprüchen auseinandersetzen.

Den Grund für eine mögliche Inanspruchnahme des Erben liegt in den beiden gesetzlichen Vorschriften der §§ 1978 und 1980 BGB.

Nachlassinsolvenz muss unverzüglich beantragt werden

Nach § 1980 BGB ist der Erbe nämlich verpflichtet, das Nachlassinsolvenzverfahren unverzüglich zu beantragen, sobald er von der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung des Nachlasses Kenntnis erlangt.

Verletzt er diese Pflicht, leitet er das Insolvenzverfahren also zu spät ein, so ist er für Schäden, die sich aus dieser verspäteten Antragstellung ergeben, persönlich verantwortlich.

Gerade bei komplexeren Nachlässen mit kann man getrost davon ausgehen, dass man über die Frage, wann der Erbe „Kenntnis“ von der Überschuldung bzw. der Zahlungsunfähigkeit hatte, ergiebig streiten kann.

Der Insolvenzverwalter, der für die Geltendmachung eines solchen gegen den Erben gerichteten Anspruchs zuständig ist, wird den maßgeblichen Zeitpunkt (auch aus wohl verstandenem Eigeninteresse) meist relativ früh setzen.

Wenn sich der Erbe Ärger mit dem Insolvenzverwalter ersparen will, dann muss er den Insolvenzantrag so früh wie möglich stellen.

Erbe haftet wie ein Beauftragter

Ärger droht dem Erben aber unabhängig von der Frage der rechtzeitigen Antragstellung auch noch aus einem weiteren Grund:

Nach § 1978 Abs. 1 BGB gilt nämlich folgendes:

Ist die Nachlassverwaltung angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet, so ist der Erbe den Nachlassgläubigern für die bisherige Verwaltung des Nachlasses so verantwortlich, wie wenn er von der Annahme der Erbschaft an die Verwaltung für sie als Beauftragter zu führen gehabt hätte.

In aller Regel ist der Nachlass im Zeitpunkt der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht mehr „jungfräulich“. Der Erbe hat vielmehr regelmäßig über einzelne Vermögensgegenstände verfügt und diese an sich oder Dritte übertragen.

Wurden aber dem Nachlass Vermögenswerte entzogen oder muss sich der Erbe sonst wie den Vorwurf gefallen lassen, dass er den Nachlass in Zeit zwischen Erbfall und Insolvenzverfahrenseröffnung schlecht verwaltet hat, dann wird der Erbe sich auch aus diesem Grund mit immer unangenehmen Forderungen des Insolvenzverwalters auseinander setzen müssen.

Sollte der Insolvenzverwalter dem Erben nachweisen können, dass durch Handlungen des Erben nach Eintritt des Erbfalls die Insolvenzmasse geschmälert wurde, dann wird der Verwalter den Erben für diesen Schaden in Regress nehmen.

Ein solcher Schadensersatzanspruch richtet sich auch ausdrücklich gegen den Erben (und sein Vermögen) persönlich. Eine Haftungsbeschränkung auf den Nachlass ist für solche Ansprüche nicht möglich.

Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier spezialisierte Rechtsanwälte finden.

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