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Elternteil und minderjähriges Kind erben und veräußern Grundstück - Muss ein Ergänzungspfleger bestellt werden?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Hamm - Beschluss vom 20.09.2013 - 15 W 251/13

  • Mutter und minderjährige Tochter erben Immobilie und wollen sie verkaufen
  • Grundbuchamt fordert die Bestellung eines Ergänzungspflegers
  • OLG fordert Genehmigung des Familiengerichts

Das Oberlandesgericht Hamm hatte in einer Grundbuchsache zu klären, welche familienrechtlichen Genehmigungen erforderlich sind, wenn eine Erbengemeinschaft, an der eine Mutter und ihre minderjährige Tochter beteiligt sind, ein Nachlassgrundstück veräußern will.

Mutter und Tochter waren aufgrund eines Erbfalls Eigentümer eines Grundstücks geworden. Der Mutter gehörte das Grundstück zur Hälfte, die andere Hälfte der Immobilie stand im Eigentum der Erbengemeinschaft, an der die Mutter und die Tochter je zur Hälfte beteiligt waren.

Mutter und Tochter veräußerten das Grundstück durch notariellen Vertrag vom 26.03.2013 an einen Erwerber für einen Kaufpreis in Höhe von 110.000 Euro. Dieser Grundstückskaufvertrag enthielt die für einen solchen Vorgang typischen Klauseln.

Mutter und Tochter holen Genehmigung des Familiengerichts ein

Zugunsten des Erwerbers wurde eine Auflassungsvormerkung bewilligt. Um dem Erwerber die Finanzierung des Kaufpreises über ein Bankdarlehen zu ermöglichen, verpflichteten sich Mutter und Tochter weiter, bei der Bestellung von Finanzierungsgrundpfandrechten mitzuwirken.

Im Hinblick auf die Regelungen in den §§ 1643, 1821 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) beantragte die Mutter in der Folge die familiengerichtliche Genehmigung der von ihr stellvertretend für ihr minderjähriges Kind in dem notariellen Vertrag vom 26.03.2013 abgegebenen Erklärungen. Diese Genehmigung wurde vom Familiengericht mit Datum vom 06.05.2013 erteilt.

In der Folge bestellte der Erwerber des Grundstücks zugunsten der finanzierenden Bank und mit Hinweis auf die ihm im Kaufvertrag von Mutter und Tochter erteilte Bevollmächtigung eine Grundschuld über einen Betrag in Höhe von 100.000 Euro.

Nachdem beim zuständigen Grundbuchamt Anträge auf Eintragung der Vormerkung und auf Eintragung des Grundpfandrechts gestellt waren, tauchten Probleme auf.

Grundbuchamt verweigert die Eintragung der Vormerkung

Das Grundbuchamt verweigerte die Eintragung. Es vertrat die Auffassung, dass eine Vormerkung erst dann eingetragen werden könne, wenn Genehmigung eines noch zu bestellenden Ergänzungspflegers vorliege. Die Regelungen in dem notariellen Grundstückskaufvertrag würden nämlich, so das Grundbuchamt, eine Erbauseinandersetzung enthalten, bei der die Mutter ihre Tochter nicht vertreten könne.

Weiter sei für die Eintragung der Grundschuld eine gesonderte familiengerichtliche Genehmigung erforderlich.

Über die gegen diese Beschlüsse des Grundbuchamts gerichtete Beschwerde musste das Oberlandesgericht entscheiden.

Das OLG gab der Mutter nur zum Teil Recht. Die Vormerkung könne, so das OLG, auch ohne Bestellung eines Ergänzungspflegers eingetragen werden. Für die Eintragung der Grundschuld bedürfe es aber einer weiteren familiengerichtlichen Genehmigung.

Die Übertragung des Grundstücks und auch die in diesem Zusammenhang zu erfolgende Bestellung einer Auflassungsvormerkung seien, so das Gericht, von der vorliegenden familiengerichtlichen Genehmigung vom 06.05.2013 gedeckt. Der zusätzlichen Bestellung eines Ergänzungspflegers bedürfe es nicht, da in dem notariellen Kaufvertrag keine Erbauseinandersetzung liege.

OLG verneint das Vorliegen einer Erbauseinandersetzung

Der in dem Kaufvertrag vereinbarte Erlös in Höhe von 110.000 Euro trete an Stelle des Grundstücks und müsse in der Erbengemeinschaft noch aufgeteilt werden. Diese Aufteilung liege aber nicht in dem notariellen Kaufvertrag.

Das Oberlandesgericht stimmte dem Grundbuchamt aber insoweit zu, als für die Bestellung eines Grundpfandrechts in dem zu entscheidenden Fall eine weitere familiengerichtliche Genehmigung erforderlich sei. Insoweit sei aus Gründen der Rechtsklarheit zu fordern, dass eine Genehmigung durch das Familiengericht für jedes einzelne Rechtsgeschäft im Sinne von § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB erteilt werde.

Die vorliegende Genehmigung für die Übertragung des Grundstücks decke, so das Gericht, nicht die Einwilligung zur Belastung des Grundstücks mit einer Hypothek oder Grundschuld ab.

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