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Wer die Überprüfung der Wirksamkeit eines Testaments im Erbscheinverfahren anregt, muss hierfür anfallende Kosten zum Teil tragen

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Schleswig – Beschluss vom 17.08.2012 – 3 Wx 137/11

  • Sohn behauptet, seine Mutter sein bei Testamentserrichtung dement gewesen
  • Nachlassgericht geht der Frage der Testierfähigkeit nach
  • Kosten für die Ermittlungen werden zwischen den Beteiligten geteilt

Das OLG Schleswig hatte in einem Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins darüber zu befinden, ob die vom Nachlassgericht angenommene Kostenverteilung rechtmäßig war.

In der Angelegenheit hatten sich drei Söhne einer Erblasserin über die Frage der Wirksamkeit eines Testaments vor Gericht gestritten. Die Erblasserin hatte im Jahr 1968 gemeinsam mit ihrem Ehemann ein Testament errichtet, in dem sich die Eheleute wechselseitig als Alleinerben einsetzten. Weiter hieß es in dem Testament, dass nach dem Tod des länger Lebenden das gemeinsame Vermögen auf die Kinder des Ehepaar übergehen solle, „falls der Überlebende keine weitere Nachlassverfügung getroffen hat.“

Dem überlebenden Ehegatten war es nach diesem Testament also freigestellt, die Erbfolge nach dem Tod des Partners abweichend von dem Testament aus dem Jahr 1968 zu regeln.

Erblasserin errichtet weiteres Testament und enterbt einen Sohn

Der Ehemann verstarb im Jahr Anfang der neunziger Jahre. Die Erblasserin errichtete dann tatsächlich im Jahr 2007 ein weiteres notarielles Testament, in dem sie Sohn A und Sohn B als Alleinerben einsetzte und den Sohn C enterbte.

Nach dem Ableben der Erblasserin im Jahr 2009 beantragte der Sohn A die Erteilung eines Erbscheins, der ihn selber und den Sohn B als Erben zu ½ ausweisen solle. Seinen Antrag stützte der Sohn A auf das notarielle Testament aus dem Jahr 2007. An dem Erbscheinsverfahren wurde auch der Sohn C beteiligt, der dem Testament aus dem Jahr 2007 die Wirksamkeit absprach.

Er vertrat in dem Verfahren die Auffassung, dass das Testament aus dem Jahr 2007 unwirksam sei, da die gemeinsame Mutter und Erblasserin im Zeitpunkt der Testamentserrichtung wegen Demenz testierunfähig gewesen sei.

Das Nachlassgericht hörte auf diesen Einwand hin den seinerzeit das Testament beurkundenden Notar sowie einen medizinischen Gutachter an. Das Gericht kam nach dieser Beweisaufnahme zu der Überzeugung, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des späteren Testaments sehr wohl testierfähig gewesen sei. Es teilte den Beteiligten daher mit, dass es den vom Sohn A beantragten Erbschein erlassen werde.

Nachlassgericht entscheidet über die Kosten des Verfahrens

Zur Frage der Kostenverteilung ließ das Nachlassgericht die Beteiligten wissen, dass der den Erbscheinantrag stellende Sohn A die gerichtlichen Kosten und damit auch die Kosten für die Vernehmung des Notars und die Kosten für die Einholung des medizinischen Gutachtens zu tragen habe. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wurde nicht angeordnet.

Gegen diese angekündigte Kostenentscheidung legte der Sohn A Beschwerde ein und trug vor, dass die Kosten für Zeugen und Gutachter nicht von ihm, sondern von seinem Bruder ausgelöst worden seien, der die Testierfähigkeit der gemeinsamen Mutter in Frage gezogen hätte.

Diese Beschwerde des Sohnes A hatte vor dem OLG teilweise Erfolg.

Das Gericht wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass sich die Kostenentscheidung im Erbscheinverfahren nach § 81 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) richte. Nach diesem Paragrafen kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen.

OLG korrigiert die Kostenentscheidung des Nachlassgerichts

Es kommt bei der Kostenentscheidung nach § 81 FamFG, so das Gericht, ausdrücklich nicht nur darauf an, ob eine Partei in einem Verfahren gewonnen oder verloren hat. Vielmehr muss beispielsweise auch berücksichtigt werden, ob eine Partei grob schuldhaft Anlass für das Verfahren gegeben hat oder ein Beteiligter zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat.

Es erschien dem Gericht aber auch nicht gerecht, den die Einwendungen gegen die Testierfähigkeit seiner Mutter vorbringenden Sohn C zur Gänze mit den Kosten zu belasten. Dieser habe, so das Gericht, schließlich keine Angaben ins Blaue hinein gemacht. Im Rahmen der Beweisaufnahme hatte sich nämlich ergeben, dass die Erblasserin tatsächlich zum Teil desorientiert gewesen sei, aber eben nicht testierunfähig.

Nach Abwägung aller Umstände urteilte das OLG, dass es dem Grundsatz der Billigkeit entspreche, wenn die beiden Brüder A und C, also der Antragsteller und der Enterbte, die gerichtlichen Kosten zu je ½ übernehmen. Zu Lasten des C wurde dabei berücksichtigt, dass er mit seinen vorgetragenen Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Testaments am Ende doch nicht durchdringen konnte.

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