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Der Staat als Erbe – Haftet der Staat für Nachlassverbindlichkeiten?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Gibt es keine Erben, dann erbt der Staat
  • Staat kann die Erbschaft nicht ausschlagen
  • Staat kann als Erbe seine Haftung auf den Nachlass begrenzen

Das deutsche Erbrecht stellt sicher, dass es keinen Nachlass ohne einen Erben gibt.

Nach § 1936 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) erbt am Ende nämlich der Staat, wenn kein Verwandter oder Ehegatte als Erbe eines Verstorbenen zur Verfügung steht und der Erblasser seine Erbfolge auch nicht durch Testament oder Erbvertrag geregelt hat.

Es sind im Wesentlichen zwei Konstellationen, die zu einem Erbrecht des Staates führen.

So kommt es in seltenen Fällen tatsächlich vor, dass nach dem Tod des Erblassers keine erbberechtigten Personen existieren. Natürlich stellt das Nachlassgericht bei einem Erbfall umfangreiche Nachforschungen an, um mögliche gesetzliche Erben eines Erblassers zu identifizieren.

Sind aber keine Abkömmlinge, Geschwister oder auch Verwandte fernerer Ordnungen vorhanden, dann kann sich der Staat – bei einem werthaltigen Nachlass – über zusätzliche Einnahmen freuen.

Alle in Frage kommenden Erben schlagen die Erbschaft aus

Wesentlich häufiger trifft den Staat allerdings ein Erbrecht, wenn alle in Frage kommenden Erben die Ausschlagung der Erbschaft erklärt haben. Dies machen Erben natürlich bevorzugt in den Fällen, in denen absehbar ist, dass der Nachlass überschuldet ist.

Erben haften nach § 1967 BGB für Nachlassverbindlichkeiten und damit auch für die Schulden des Erblassers. Soweit der Erblasser mehr Schulden als positives Vermögen hinterlassen hat, macht es für die in Frage kommenden Erben in aller Regel wenig Sinn, das Erbe anzutreten.

Was folgt, ist in solchen Fällen eine Kaskade von Ausschlagungserklärungen, die das Nachlassgericht erreicht. Eine Erbengeneration nach der anderen erklärt gegenüber dem Nachlassgericht, dass sie mit der Erbschaft nichts zu tun haben will. Hat dann irgendwann einmal auch jeder noch so entfernte Verwandte des Erblassers die Ausschlagung erklärt, dann ist nach § 1936 BGB der Staat als Erbe an der Reihe.

Der Staat als gesetzlicher Zwangserbe

Der Staat wird in diesen Fällen gesetzlicher Zwangserbe. Dem Staat steht kein Recht zu, eine Erbschaft auszuschlagen.

Auf den Staat als Erben gehen dem Grunde nach ebenfalls alle Nachlassverbindlichkeiten über, mit denen der Nachlass belastet ist.

Wenn der Nachlass werthaltig ist, muss sich der Staat also auch um die Regulierung der Schulden kümmern, die der Erblasser hinterlassen hat.

Die Erbenhaftung des Staates führt aber bei überschuldeten Nachlässen nicht dazu, dass die Nachlassgläubiger in die glückliche Lage versetzt werden, endlich einen potenten und in jedem Fall zahlungsfähigen Schuldner zu haben.

Staat kann seine Haftung als Erbe beschränken

Wenngleich der Staat auch wie jeder andere Erbe für Nachlassverbindlichkeiten haftet und ihm kein Recht zusteht, sich dieser Haftung durch eine Ausschlagung der Erbschaft zu entziehen, so muss der Staat nicht mit Steuergeldern für die lebzeitigen Sünden eines überschuldeten Erblassers aufkommen.

Dem Staat steht nämlich, wie jedem anderen Erben, die Möglichkeit offen, seine Haftung auf den übernommenen Nachlass zu beschränken.

Sobald der Staat Hinweise darauf hat, dass das ihm angetragene Erbe überschuldet ist, kann (und wird) er mittels Beantragung einer Nachlassverwaltung bzw. durch Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens dafür Sorgen, dass er nicht mit Eigenmitteln für geerbte Schulden des Erblassers gerade stehen muss.

Der Fiskus ist dabei verpflichtet, Nachlassgläubigern über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen, § 2011 BGB.

Hat aber der Staat durch Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz seine Haftung erst auf den übernommenen Nachlass beschränkt, dann müssen sich Gläubiger oft mit dem Gedanken beschäftigen, dass sie ihre Forderungen zu einem großen Teil nunmehr endgültig ausbuchen müssen.

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