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Ist die Haftung des Erben zeitlich beschränkt?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Erbe haftet grundsätzlich zeitlich unbeschränkt
  • Ist die gegen den Erben geltend gemachte Forderung bereits verjährt?
  • Erbrechtliche Instrumente zur Haftungsbeschränkung

Hat man eine Erbschaft gemacht und damit die Rechtsnachfolge des Erblassers angetreten, dann erhält man auf der einen Seite zwar das komplette Vermögen des Erblassers, muss auf der anderen Seite aber auch für sämtliche Schulden des Erblassers gerade stehen.

Der Erbe haftet nach § 1967 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) für alle Nachlassverbindlichkeiten, wozu eben auch die vom Erblasser zu Lebzeiten gemachten Schulden gehören.

Dieser Umstand der grundsätzlich unbeschränkten Erbenhaftung hat so manch einem Erben schon schlaflose Nächte bereitet. Dies liegt in den meisten Fällen daran, dass sich der Erbe unmittelbar nach Eintritt des Erbfalls nur schwerlich einen abschließenden Überblick über sämtliche Verbindlichkeiten verschaffen kann, die mit der Annahme der Erbschaft verbunden sind.

Das Gesetz sieht für den Erben in § 1944 BGB in diesem Zusammenhang eine sehr kurze Frist von nur 6 Wochen vor, binnen der der Erbe die Ausschlagung der ihm angetragenen Erbschaft erklären kann und sich so jeglicher Haftungsprobleme entledigen kann. Hat der Erbe erst einmal frist- und formgerecht die Erbschaft ausgeschlagen, kann er zwar keine Ansprüche auf das Vermögen des Erblassers anmelden, er muss aber auch nicht mehr fürchten, von Dritter Seite für Schulden des Erblassers in Anspruch genommen zu werden.

Die Haftung des Erben ist zeitlich grundsätzlich unbeschränkt

Hat man eine Erbschaft erst einmal angenommen, dann haftet man für die Schulden des Erblassers grundsätzlich zeitlich unbeschränkt.

Man muss sich als Erbe und Rechtsnachfolger des Erblassers nach Annahme der Erbschaft also dem Grunde nach sowohl um die Verbindlichkeiten kümmern, die unmittelbar nach dem Erbfall an den Erben herangetragen werden als auch um solche, die erst Monate oder sogar Jahre nach dem Ableben des Erblassers gegen den Erben geltend gemacht werden. Man ist als Erbe Rechtsnachfolger des Erblassers und man bleibt auch dessen Rechtsnachfolger.

Von solchen Unwägbarkeiten, die mit der Annahme einer jeden Erbschaft verbunden sind, muss sich der Erbe aber nicht abschrecken lassen. Es gibt nachhaltige rechtliche Möglichkeiten, wie der Erbe trotz Annahme einer Erbschaft verhindern kann, dass sich die Erbschaft für ihn zu einem finanziellen Fiasko auswächst.

Dabei muss zwischen allgemeinen zivilrechtlichen Instrumenten und spezifisch erbrechtlichen Methoden zur Eingrenzung der Erbenhaftung unterschieden werden.

Ist die Forderung gegen den Erben bereits verjährt?

Der Erbe wird Rechtsnachfolger des Erblassers. In dieser Eigenschaft kann der Erbe aber gegen eine gegen ihn gerichtete Nachlassverbindlichkeit sämtliche Rechte geltend machen, die auch dem Erblasser zur Verfügung gestanden hätten.

Wird Jahre nach Eintritt des Erbfalls und Annahme der Erbschaft von dritter Seite eine Forderung gegen den Erben erhoben, die mit dem Nachlass zu tun hat, dann ist es für den Erben natürlich oberste Bürgerpflicht zu prüfen, ob diese Forderung nicht bereits der Verjährung unterliegt.

Das Verjährungsrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch in den §§ 194 ff. BGB geregelt. Im Regelfall verjährt eine Forderung bereits nach drei Jahren, § 195 BGB. Für manche Forderungen gilt eine dreißigjährige Verjährungsfrist, § 197 BGB. Ob die für die geltend gemachte Forderung jeweils einschlägige Verjährungsfrist bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls oder zumindest bis zum Zeitpunkt der Geltendmachung abgelaufen war, muss der Erbe einer gründlichen Überprüfung unterziehen.

Unterliegt die gegen den Erben gerichtete Forderung bereits der Verjährung, kann der Erbe die Erfüllung mit Hinweis auf § 214 Abs. 1 BGB verweigern.

Die Verschweigungseinrede beschränkt die Haftung

Ein spezifisch erbrechtliches Mittel zur Haftungsbeschränkung ist in § 1974 BGB normiert. Danach kann der Erbe die Erfüllung einer gegen ihn gerichteten Nachlassforderung verweigern, wenn der Nachlassgläubiger seine Forderung später als fünf Jahre nach Eintritt des Erbfalls gegen den Erben geltend gemacht hat.

Dieses Recht hat der Erbe nur dann nicht, wenn die Forderung dem Erben vor dem Ablauf der fünf Jahre bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren (§ 1970 BGB) angemeldet worden ist.

Erhebt der Erbe die Einrede nach § 1974 BGB zu Recht, dann beschränkt sich seine Haftung jedenfalls auf den Nachlass. Er muss grundsätzlich nicht mit eigenem Privatvermögen für Schulden des Erblassers aufkommen.

Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz beschränken die Haftung

Aber auch vor Ablauf der fünf Jahre des § 1974 BGB hat der Erbe nach Annahme der Erbschaft die Möglichkeit, seine Haftung auf den übernommenen Nachlass zu beschränken und so sein Privatvermögen vor dem Zugriff der Nachlassgläubiger in Sicherheit zu bringen.

Ist der Nachlass unübersichtlich und möglicherweise überschuldet, dann muss der Erbe zum Zweck der Haftungsbeschränkung eine so genannte Nachlassverwaltung nach § 1975 BGB beantragen.

Steht, gegebenenfalls auch wegen der nachträglich an den Erben herangetragenen Forderungen, fest, dass der Nachlass überschuldet ist, kann der Erbe seine Haftung durch die Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens auf den Nachlass beschränken, §§ 1975, 1980 BGB.

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