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Wer darf in das Grundbuch Einsicht nehmen? Wem gehört eine Immobilie?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Vor Eintritt des Erbfalls hat man kaum Chancen, Einblick in das Grundbuch für Immobilien des Erblassers zu erhalten
  • Nach dem Erbfall können Erben, Pflichtteilsberechtigte und unter Umständen auch Vermächtnisnehmer Einsicht in das Grundbuch nehmen
  • Für die Grundbucheinsicht benötigt man ein berechtigtes Interesse

Erbschaften drehen sich häufig auch um Immobilien.

Es ist heutzutage fast schon üblich, dass zum Vermögen von Erblassern Häuser, Wohnungen oder auch unbebaute Grundstücke gehören.

Nachdem Immobilien in aller Regel auch einen großen materiellen Wert darstellen, wird rund um die Vererbung dieser Liegenschaften oft erbittert gestritten.

Fällt eine Immobilie in den Nachlass?

Dabei geht es häufig nicht nur um die Frage, wer nach Eintritt des Erbfalls neuer Eigentümer der Immobilie wird.

In vielen Fällen treibt das Schicksal der Immobilie einen potentiellen Erben schon viel früher um, wenn er nämlich befürchten muss, dass die Nachlassimmobilie vom Erblasser bereits vorzeitig auf eine dritte Person übertragen wurde und der Erbe argwöhnt, dass sich die Immobilie damit aus „seinem“ Nachlass bereits vorzeitig verabschiedet hat.

Das Grundbuch gibt Auskunft über den Eigentümer einer Immobilie

Man sieht es Eigentumswohnungen oder Wohnhäusern bedauerlicherweise nicht an, wem sie gehören. Der einzige Weg, die Eigentumsverhältnisse an einer Immobilie zu klären, führt über das amtliche Grundbuch.

Das Grundbuch ist ein bei den Amtsgerichten geführtes Register, dass für jede einzelne Immobilie in einem so genannten Grundbuchblatt Auskunft darüber gibt, wer Eigentümer des Grundstücks oder einer Wohnung ist.

Leider ist es nicht möglich, das Grundbuchamt einfach aufzusuchen und dort durch Einsicht in das Grundbuch zu klären, ob beispielsweise die Eltern eine bestimmte ihnen gehörende Immobilie bereits vorzeitig z.B. an eines von mehreren Kindern übertragen haben.

Der Gesetzgeber hat vielmehr geregelt, dass das Grundbuch nicht für jedermann frei zugänglich ist, sondern dass man ein „berechtigtes Interesse“ nachweisen muss, um Einsicht in das Grundbuch zu nehmen, § 12 GBO (Grundbuchordnung).

Grundbucheinsicht vor Eintritt des Erbfalls

Das Grundbuchamt entscheidet in jedem Einzelfall, ob ein berechtigtes Interesse zur Einsicht in das Grundbuch vorliegt. Vor Eintritt des Erbfalls wird man sich regelmäßig schwer tun, ohne weiteres ein solches berechtigtes Interesse nachzuweisen.

Man kann als möglicher Erbe, Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer vor Eintritt des Erbfalls keine gesicherte Rechtsposition geltend machen, die eine Einsichtnahme rechtfertigen könnte.

So reicht es insbesondere nicht aus, dass man gegenüber dem Grundbuchamt auf ein bestehendes Verwandtschaftsverhältnis zum potentiellen Grundstückseigentümer verweist, um Einsicht gewährt zu bekommen.

Neugier rechtfertigt keine Grundbucheinsicht

Regelmäßig wird die Einsichtnahme verwehrt, wenn der Antrag aus reiner „Neugierde“ gestellt wird.

Ein berechtigtes Interesse zur Grundbucheinsicht im Sinne von § 12 GBO wird von den Gerichten dann angenommen, wenn ein „verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse dargelegt“ wird.

Ob mit dieser Definition allerdings im Einzelfall ein größerer Erkenntnisgewinn verbunden ist als mit dem Begriff des „berechtigten Interesses“, darf bezweifelt werden.

In aller Regel begründen erbrechtliche Ansprüche vor Eintritt des Erbfalls kein berechtigtes Interesse und verschaffen kein Recht zur Grundbucheinsicht.

Von diesem Grundsatz sind die Gerichte in der Vergangenheit nur in Ausnahmefällen abgewichen.

So wurde beispielsweise einem durch Erbvertrag bestimmten Hoferben bereits vor Eintritt des Erbfalls das Recht auf Grundbucheinsicht gewährt, da er glaubhaft vortragen konnte, dass er Geld für die Übernahme der Hofgrundstücke bereithalten musste (OLG Stuttgart, Rpfleger 1970, 92, nach Bauer, von Oefele, Grundbuchordnung § 12 Rz. 38).

Grundbucheinsicht nach Eintritt des Erbfalls

Nach Eintritt des Erbfalls bessert sich die Lage für Erben, Pflichtteilsberechtigte und Vermächtnisnehmer schlagartig.

Gesetzliche und im Testament benannte Erben eines Nachlasses, zu dem auch Immobilien gehören, sind mit Eintritt des Erbfalls nicht nur bloße Beteiligte, sondern kraft Gesetz neue Eigentümer der Immobilien des Erblassers.

Selbstverständlich können sie bei Vorliegen eines berechtigten Interesses beim Grundbuchamt nach Vorlage eines Erbscheins bzw. eines Testaments mitsamt Eröffnungsprotokoll Grundbucheinsicht beantragen.

Pflichtteilsberechtigter hat oft ein berechtigtes Interesse an Grundbucheinsicht

Das gleiche gilt für einen Vermächtnisnehmer, dem vom Erblasser durch Testament oder Erbvertrag ein Recht an einer Nachlassimmobilie eingeräumt wurde.

Schließlich kann auch der von der Erbfolge ausgeschlossene Pflichtteilsberechtigte regelmäßig Grundbucheinsicht verlangen, um den Umfang seiner Ansprüche zu verifizieren.

So kann ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 12 GBO nach der Rechtsprechung ausdrücklich auch ein wirtschaftliches Interesse sein, das sich aus dem Pflichtteilsrecht ergibt, so LG Stuttgart, Beschluss vom 9.2.2005, 1 T 1/2005; 1 T 1/05.

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