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Beweisfragen im Erbscheinverfahren – Wer muss die Echtheit bzw. die Fälschung eines Testaments beweisen?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Derjenige, der Rechte aus einem Testament geltend macht, muss die Echtheit des Testaments beweisen
  • Nachlassgericht geht Hinweisen auf eine Fälschung des Testaments nach
  • Schriftsachverständiger entscheidet de facto über das Erbrecht

Zuweilen wird versucht, die Erbfolge nach dem Tod des Erblassers zu manipulieren.

Hat der Erblasser gar keinen letzten Willen hinterlassen oder wird das, was der Erblasser noch zu Lebzeiten in Bezug auf seine Vermögensnachfolge zu Papier gebracht hat, von Beteiligten als nachhaltig ungerecht empfunden, dann wird von Beteiligten immer wieder einmal der Versuch unternommen, die Erbfolge nach den eigenen Vorstellungen – und nicht denen des Erblassers – zu gestalten.

Man soll dabei nicht dem Irrglauben unterliegen, dass solche – strafbaren – Fälschungshandlungen nur von ebenso verbittert wie verarmten Angehörigen des Erblassers unternommen werden.

In Österreich wurde Anfang 2012 gegen eine – zwischenzeitlich suspendierte – Vizepräsidentin eines Landesgerichts mit dem Vorwurf Anklage erhoben, sie habe an der Fälschung eines Testaments eines im Jahr 2004 verstorbenen Vorarlbergers mitgewirkt.

Auch in diesem Fall wurde von den Hinterbliebenen die Tatsache, dass der Erblasser keine letztwillige Verfügung hinterlassen hatte und sein nicht unbeträchtliches Vermögen unter insgesamt 31 gesetzlichen Erben aufgeteilt werden sollte, offenbar als unzumutbar angesehen.

Ein gewisser Prozentsatz der beim Nachlassgericht abgegebenen Testamente dürften Fälschungen sein

Auch für den deutschen Rechtskreis darf man in Anbetracht solcher Vorkommnisse getrost davon ausgehen, dass ein gewisser Prozentsatz der privatschriftlichen Testamente, nach denen sich im Erbfall die Erbfolge richtet, gefälscht ist.

Die Nagelprobe für jedes Testament ist das Erbscheinsverfahren. Der Erbschein weist als amtliches Dokument die Erben als Rechtsnachfolger des Erblassers aus. Wenn man sein Erbrecht im Rahmen eines Verfahrens zur Erteilung eines Erbscheins auf ein Testament gründen will, dann muss man dieses Testament im Original beim Nachlassgericht vorlegen.

Eine Aufgabe, die das Nachlassgericht von Amts wegen dann im Rahmen des Verfahrens wahrzunehmen hat, ist die Prüfung, ob das Testament gültig ist. Rechtswirksam gültig ist ein Testament dann, wenn es vom Testierwillen des Erblassers getragen und von ihm eigenhändig errichtet worden ist.

Hat das Nachlassgericht keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass ein Testament nicht echt ist, wird es die Urkunde dem weiteren Verfahren unproblematisch zugrunde legen.

Nachlassgericht hat die Pflicht, ein Testament zu überprüfen

Tauchen jedoch Ungereimtheiten auf oder wird sogar von Beteiligten der Vorwurf erhoben, dass es bei der Abfassung des dem Gericht vorgelegten Testamentes nicht mit rechten Dingen zugegangen ist, dann wird sich das Nachlassgericht das fragliche Dokument genauer ansehen.

Steht die Autorenschaft an dem Testament in Frage, wird das Nachlassgericht regelmäßig ein schriftvergleichendes Gutachten in Auftrag geben, um abzuklären, ob der Erblasser Urheber der vorgelegten Urkunde ist. Auch können vom Gericht Zeugen vernommen werden, die über die Echtheit des Testaments sachdienliche Angaben machen können.

Grundsätzlich trägt im Erbscheinverfahren derjenige, der aus einem Testament für sich positive Folgen ableiten will, die Beweislast für die Echtheit des letzten Willens. Können bestehende Zweifel des Gerichts an der Echtheit des Testaments auch durch Zeugeneinvernahmen und Sachverständigengutachten nicht ausgeräumt werden, so geht dies zu Lasten desjenigen, der auf Grundlage des Testaments als Erbe ausgewiesen werden will.

Anders verhält sich die Frage der Beweislast, wenn es um Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Testamentes geht.

Liegt beispielsweise unstrittig ein vom Erblasser verfasstes und unterschriebenes Testament vor und wird im Erbscheinverfahren vorgetragen, dass das Testament vom Erblasser im Zustand der Testierunfähigkeit verfasst worden sei, dann trägt derjenige, der diese das Testament vernichtende Behauptung aufgestellt hat, für ihr Vorliegen auch die Beweislast.

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