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Im Testament benannter Testamentsvollstrecker lehnt die Übernahme des Amtes ab – Darf das Nachlassgericht einen Ersatzmann benennen?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Schleswig-Holstein – Beschluss vom 06.07.2015 – 3 Wx 41/15

  • Testament benennt Testamentsvollstrecker
  • Testamentsvollstrecker lehnt Übernahme des Amtes ab
  • Nachlassgericht setzt Ersatzmann ein

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hatte darüber zu befinden, ob das Nachlassgericht ersatzweise einen Testamentsvollstrecker benennen kann, wenn der ursprünglich im Testament benannte Testamentsvollstrecker die Übernahme des Amtes ablehnt.

In der Angelegenheit hatte der Erblasser am 21.11.2013 sein Testament verfasst.

In diesem hatte sein Vermögen nach einzelnen Gegenständen an verschiedene Personen verteilt. Unter anderem hatte er eine Immobilie an eine Person A vermacht, gleichzeitig aber bestimmt, dass vier weitere Personen „Miteigentümer der Immobilie mit dem Wert von je 20.000 Euro“ werden sollen.

Weiter ordnete der Erblasser in seinem Testament an, dass eine Testamentsvollstreckung durch einen namentlich benannten Herrn X erfolgen solle.

Schließlich enthielt das Testament folgende Anordnung:

„Rest Bargeld abzüglich Beerdigungskosten und Testamentsvollstreckungskosten soll erhalten: Person A“

Testamentsvollstrecker lehnt Übernehme des Amtes ab

Nach dem Eintritt des Erbfalls erklärte der im Testament benannte Herr X, dass er das Amt des Testamentsvollstreckers nicht annehmen würde.

Daraufhin setzte das Nachlassgericht einen Herrn Y als Testamentsvollstrecker ein, ohne allerdings diese Entscheidung vorab mit den Beteiligten besprochen zu haben.

Gegen diese Einsetzung eines Ersatztestamentsvollstreckers legte die hauptbegünstigte Person A Beschwerde ein.

Die Beschwerde wurde im Wesentlichen mit dem Argument begründet, dass es nicht dem Willen des Erblassers entsprochen habe, dass anstatt des Herrn X ein Ersatzmann als Testamentsvollstrecker tätig wird. Der Erblasser habe nicht mit Streitigkeiten unter den Beteiligten gerechnet und habe in seinem Testament bewusst keinen Ersatztestamentsvollstrecker eingesetzt.

Die Beschwerde wurde vom OLG als unbegründet zurückgewiesen.

Das OLG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass der Erblasser in seinem letzten Willen zwar nicht explizit angeordnet hätte, dass gegebenenfalls ein Ersatztestamentsvollstrecker eingesetzt werden soll.

OLG legt das Testament aus und ermittelt den Erblasserwillen

Das vorliegende Testament sei aber nach Auffassung des OLG dahingehend auszulegen, dass der Erblasser „das Nachlassgericht entsprechend ersucht haben würde, wenn er die Ablehnung des von ihm bestimmten Testamentsvollstreckers X vorausgesehen hätte.“

Es sei für eine Ernennung eines Ersatztestamentsvollstreckers ausreichend, so das OLG, wenn sich durch eine Auslegung des Testaments ergebe, dass der Erblasser die Einsetzung eines Ersatzmanns für den Fall gewünscht hätte, dass der ursprüngliche Testamentsvollstrecker wegfällt.

In der Bestimmung einer Testamentsvollstreckung im Testament liege zwar nicht ohne weiteres der Auftrag an das Nachlassgericht, im Bedarfsfall einen Ersatzmann zu bestimmen.

Keine überspannten Anforderungen an die Ermittlung des Erblasserwillens

An die Feststellung eines hypothetischen stillschweigenden Ersuchens des Erblassers an das Nachlassgericht, einen Ersatztestamentsvollstrecker zu benennen, seien allerdings keine überspannten Anforderungen zu stellen, so die Meinung des OLG. Ein solcher hypothetischer Wille des Erblassers sei sogar dann anzunehmen, wenn der Wille im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments „nicht wirklich vorhanden bzw. dem Erblasser bewusst gewesen“ sei.

Diese – sehr weit gefassten – Grundsätze vorausgeschickt tat sich das OLG dann schwer, im Testament Anhaltspunkte dafür zu finden, dass der Erblasser die Einsetzung eines Ersatztestamentsvollstreckers gewollt habe.

So sei das vom Erblasser verfasste Testament hinsichtlich der Erbfolgeregelung unklar und auslegungsbedürftig. Für die Klärung der Fragen werde, so das OLG, ein Testamentsvollstrecker benötigt.

Der Umstand, dass in dem Testament von „Testamentsvollstreckungskosten“ die Rede sei, deute, so das OLG, sogar in zweierlei Hinsicht darauf hin, dass der Erblasser einen Ersatztestamentsvollstrecker gewollt habe.

Im Ergebnis verblieb es also bei dem vom Nachlassgericht eingesetzten Ersatzmann als Testamentsvollstrecker.

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