Kann man die Erbschaft nur zum Teil annehmen oder ausschlagen?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Man erbt sowohl positives Vermögen als auch Schulden
  • Man kann die Erbschaft nur insgesamt annehmen oder zur Gänze ausschlagen
  • Gesetz untersagt eine nur partielle Annahme der Erbschaft

Die Nachricht von einer Erbschaft wird von dem Betroffenen in aller Regel mit einem oft merklichen Vermögenszuwachs verbunden. Ein Erbe tritt die Rechtsnachfolge des Erblassers an und erhält dessen komplettes Vermögen, § 1922 BGB.

Zu dem Vermögen, das der Erbe mit dem Erbfall erhält, gehört aber nicht nur das positive Erblasservermögen, sondern auch sämtliche Schulden des Erblassers. Der Erbe kann sich also nicht nur an den Früchten der Erbschaft erfreuen, sondern muss auch sämtliche mit der Erbschaft verbundenen Nachlassverbindlichkeiten tilgen.

Die Freude über die Nachlassverbindlichkeiten, die der Erbe zu erledigen hat, hält sich in aller Regel in überschaubaren Grenzen. Umso verständlicher ist es, wenn sich der Erbe nach Eintritt des Erbfalls die Frage stellt, ob er die Annahme der Erbschaft nicht auf den positiven Teil des Erblasservermögens beschränken kann.

Nachdem man nicht gezwungen werden kann, die Erbschaft überhaupt anzunehmen, so der Gedankengang, muss es doch auch möglich sein, nur für einen Teil der Erbschaft die Annahme zu erklären.

Teilannahme und Teilausschlagung sind unwirksam

Solchen, wirtschaftlich durchaus nachvollziehbaren, Ideen des Erben erteilt das Gesetz allerdings eine deutliche Absage. Nach § 1950 BGB gilt folgendes:

Die Annahme und die Ausschlagung können nicht auf einen Teil der Erbschaft beschränkt werden. Die Annahme oder Ausschlagung eines Teils ist unwirksam.

Sowohl die Annahme als auch die Ausschlagung einer Erbschaft kann demnach nicht auf einen Teil des Nachlasses beschränkt werden. Der Erbe muss sich vielmehr entscheiden. Entweder er nimmt die Erbschaft komplett an oder er schlägt sie innerhalb von sechs Wochen nach Anfall der Erbschaft komplett aus.

Mit dieser strengen gesetzlichen Regelung soll der dem deutschen Erbrecht wesentlichen so genannten Gesamtrechtsnachfolge Geltung verschafft werden. Das Vermögen des Erblassers soll sich in der Hand seines oder seiner Erben vereinigen. Durch diese Systematik ist auch für Altgläubiger des Erblassers geklärt, an wen sie sich mit ihren Forderungen halten können.

Wird eine Erbschaft nur zum Teil angenommen, oder zum Teil ausgeschlagen, dann entfaltet eine solche Erklärung keine Rechtswirkung. Lässt der betroffene Erbe nach Abgabe einer solchen Erklärung die sechswöchige Ausschlagungsfrist des § 1944 BGB verstreichen, dann gilt die Erbschaft kraft Gesetz als im Ganzen angenommen.

Ausnahmsweise ist die teilweise Annahme einer Erbschaft erlaubt

Von dem oben dargestellten Grundsatz, wonach ein Erbe die Erbschaft nicht in Teilen annehmen oder ausschlagen darf, macht § 1951 BGB eine (wenig praxisrelevante) Ausnahme.

Wer mehrere Erbteile erbt, dem erlaubt § 1951 BGB, den einen Erbteil anzunehmen und den anderen auszuschlagen.

Hat der Erblasser zum Beispiel in seinem Testament sein Vermögen nur zum Teil auf einen Erben übertragen und kommt derselbe Erbe aufgrund gesetzlicher Erbfolge für einen weiteren Erbteil zum Zuge, dann kann sich der Erbe dazu entschließen, nur einen der Erbteile anzunehmen und den anderen auszuschlagen.

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