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Grundzüge des Erbrechts in der Landwirtschaft

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Das Erbrecht der Landwirtschaft ist in verschiedenen Gesetzen geregelt.
  • Das Erbrecht in der Landwirtschaft soll eine Zersplitterung des Hofes vermeiden.
  • Die Hofstelle soll erhalten bleiben.

Das deutsche Erbrecht sieht vor, dass ein Erblasser sein Vermögen grundsätzlich nach seiner freien Entscheidung auf einen oder mehrere Erben verteilen kann. Hat der Erblasser ein wirksames Testament oder einen Erbvertrag errichtet, richtet sich die Erbfolge nach den Festlegungen in diesem letzten Willen.

Hat der Erblasser keine letztwillige Verfügung hinterlassen, springt das Gesetz zur Klärung der Erbfolge ein. Die §§ 1924 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) enthalten Bestimmungen, die die so genannte gesetzliche Erbfolge regeln. Dort ist im Wesentlichen niedergelegt, dass der Erblasser von seinen Verwandten und von seinem Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner beerbt wird.

Diese vorgenannten Regelungen sind im Bereich der Landwirtschaft weitestgehend außer Kraft gesetzt. Für das landwirtschaftliche Nachfolgerecht gelten Sonderregelungen. Der Grund für diese besonderen erbrechtlichen Vorschriften liegt in der besonderen Bedeutung der landwirtschaftlichen Betriebe für das Gemeinwesen und die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln.

Das deutsche Erbrecht begünstigt die Bildung von so genannten Erbengemeinschaften. Hat der Erblasser in seinem Testament mehr als nur einen Erben benannt oder treten kraft gesetzlichen Erbrechts mehrere Erben die Rechtsnachfolge an, dann wird das Vermögen des Erblassers unter mehreren Personen aufgeteilt.

Würde diese Aufteilung im Erbfall auch im Bereich von landwirtschaftlichen Betrieben vorgenommen werden, dann würden die Hofstellen mitsamt den zugehörigen Flächen von Generation zu Generation zunehmend kleiner werden und zersplittern. Am Ende würden die den einzelnen Erben zufallenden Teilstücke eines landwirtschaftlichen Betriebes immer kleiner und damit aber auch immer unwirtschaftlicher werden. Eine solche Entwicklung ist aus agrarpolitischen Gründen unerwünscht.

Der Gesetzgeber hat sich daher dafür entschieden, das Erbrecht im Bereich der Landwirtschaft anders zu strukturieren. Ziel dieser auf den Bereich von landwirtschaftlichen Betrieben beschränkten erbrechtlichen Sonderregelungen ist die Erhaltung der Hofstelle in unverminderter und überlebensfähiger Größe und die Übergabe des Hofes an nur einen Hoferben. Um diesen Zweck zu erreichen, ist die Testierfreiheit des Erblassers in gewissem Umfang ebenso eingeschränkt wie die Rechte der weichenden Erben, die den Hof nicht erben, beschnitten werden.

Zersplittertes landwirtschaftliches Erbrecht

Dabei sind die Regelungen zum landwirtschaftlichen Sondererbrecht alles andere als homogen. Es gibt keine bundeseinheitliche Regelung des Erbrechts im Bereich der Landwirtschaft.

Die Höfeordnung

Für zahlreiche im Nordwesten Deutschlands gelegene Gebiete der ehemaligen britischen Besatzungszone gelten zur Regelung des Erbrechts im Bereich der Landwirtschaft die Bestimmungen der Höfeordnung (HöfeO). In Nordrhein-Westfalen, weiten Teilen Niedersachsens, Schleswig-Holstein, und dem Stadtstaat Hamburg wird die Erbfolge in der Landwirtschaft mit der Höferordnung bis zum heutigen Tag durch ein Regelwerk bestimmt, das auf eine Anordnung des Befehlshabers der britischen Besatzungszone im Jahr 1947 zurückgeht.

Landesrechtliche Anerbengesetze

In anderen Bundesländern wurden landesrechtliche Regelungen geschaffen, um die Erbfolge im Bereich der Landwirtschaft abweichend vom Bürgerlichen Gesetzbuch zu regeln. Namentlich in den Bundesländern Bremen, Rheinland-Pfalz, Hessen und, wiederum zersplittert, in Baden-Württemberg gelten Anerbenrechte, die im Kern dafür sorgen, dass der landwirtschaftliche Betrieb von nur einem Erben fortgeführt werden können.

Landgüterrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches

In allen anderen Bundesländern, in denen die Höfeordnung ebenso wenig wie landesrechtliche Anerbengesetze Geltung beansprucht, gilt das Landgüterrecht des BGB.

So gelten zum Beispiel für Bayern und landwirtschaftliche Familienbetriebe in den neuen Bundesländer mit den §§ 2049 und 2312 BGB lediglich zwei besondere erbrechtliche Vorschriften, die im Wesentlichen Regelungen zur Bemessung des Wertes eines so genannten Landgutes im Falle der Übernahme des Landgutes durch nur einen Erben enthalten.

In §§ 2049 und 2312 BGB wird hierzu geregelt, dass im Rahmen der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft bzw. zur Regulierung von Pflichtteilsansprüchen nur auf den (niedrigeren) Ertragswert und nicht den Verkehrswert eines Landgutes abzustellen ist, wenn der Erblasser einem Miterben alleine das Recht eingeräumt hat, den landwirtschaftlichen Betrieb zu übernehmen.

Diese rein bewertungsrechtlichen Vorschriften des Landgüterrechts des BGB werden aber durch Vorschriften des Grundstücksverkehrsgesetzes (GrdstVG) ergänzt, wonach auch in den Bundesländern, in denen keine speziellen Regelungen (wie in der Höfeordnung und den landesrechtlichen Anerbengesetzen) existieren, ein Miterbe beim so genannten Landwirtschaftsgericht die ungeteilte Zuweisung des landwirtschaftlichen Betriebes beantragen kann, §§ 13, 14 GrdstVG.

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