Erbe, der zu Lebzeiten über eine Vollmacht der Erblasserin verfügte, ist einer Miterbin nicht zur Auskunft verpflichtet

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Köln – Beschluss vom 11.05.2017 – 16 U 99/16

  • Mutter erteilt Sohn Bankvollmacht
  • Nach dem Tod der Mutter begehrt Miterbin vom Sohn Auskunft
  • Auskunftsanspruch wird von den Gerichten verneint

Das Oberlandesgericht Köln hatte in einer erbrechtlichen Auseinandersetzung über Auskunftsansprüche unter Miterben zu entscheiden.

In der Angelegenheit hatte eine Erblasserin ihrem Sohn zu Lebzeiten Kontovollmacht und eine Vollmacht für das Bankschließfach erteilt.

Der Sohn machte von diesen Vollmachten zu Lebzeiten seiner Mutter auch Gebrauch und kümmerte sich auch sonst um die Angelegenheiten seiner Mutter.

Nach dem Ableben der gemeinsamen Mutter machte eine Schwester, die Miterbin war, gegen ihren Bruder umfassende Auskunftsansprüche geltend. Die Schwester wollte sowohl in Erfahrung bringen, welche Geschäfte der Bruder aufgrund der ihm erteilten Vollmachten vorgenommen habe.

Ebenfalls wollte die Schwester von ihrem Bruder wissen, was er nach dem Eintritt des Erbfalls an nachlassbezogenen Geschäften getätigt habe und was ihm über den Verbleib von Nachlassgegenständen bekannt sei.

Landgericht weist Klage ab

Das Landgericht hat die Klage der Schwester in vollem Umfang abgewiesen.

Die hiergegen von der Schwester eingelegte Berufung hatte beim Oberlandesgericht keinen Erfolg und wurde ebenfalls abgewiesen.

In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG darauf hin, dass das Landgericht der Klage mit Recht den erfolg versagt habe.

Einen Anspruch zugunsten der Klägerin aus Auskunftsrecht nach §§ 662, 666 BGB ließ das OLG mit dem Argument scheitern, dass zwischen dem Sohn und seiner Mutter kein Auftragsverhältnis zustande gekommen sei.

Die Parteien hätten sich nicht rechtsgeschäftlich binden wollen und die Mutter habe den Sohn als Beauftragten nicht Auskunftsansprüchen aussetzen wollen.

Besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Mutter und Sohn

Das OLG nahm vielmehr an, dass zwischen Mutter als Vollmachtgeberin und Sohn als bevollmächtigtem ein besonderes Vertrauensverhältnisses vorgelegen habe. Im Rahmen eines solchen Vertrauensverhältnisses sei aber in der Regel keine Auskunft oder Rechenschaft geschuldet.

Weiter wies das OLG darauf hin, dass der Sohn durch die Übergabe von drei Ordnern mit Bankunterlagen einen Auskunftsanspruch ohnehin schon erfüllt habe.

Im Übrigen scheitere ein Auskunftsanspruch in Bezug auf Gegenstände, die der Sohn aus dem Schließfach seiner Mutter entnommen habe, an dem Umstand, dass dies jedenfalls immer mit Kenntnis der Mutter geschehen sei.

Sohn ist nicht Erbschaftsbesitzer

Einen Auskunftsanspruch nach § 2027 BGB verneinte das OLG schließlich mit dem Hinweis, dass der beklagte Sohn nicht Erbschaftsbesitzer im Sinne von § 2018 BGB sei.

Einen Auskunftsanspruch nach § 242 BGB wurde vom OLG mit dem Argument abgelehnt, dass sich die Klägerin die begehrten Informationen durch Einsichtnahme in die Betreuungsakte der Erblasserin verschaffen könnte.

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