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Erteilung eines Erbscheins – Das Nachlassgericht kann auf die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verzichten

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Angaben im Erbscheinsverfahren sind nachzuweisen.
  • Für einige Angaben kann die Abgabe einer kostenpflichtigen eidesstattlichen Versicherung erforderlich sein.
  • Nachlassgericht kann auf die eidesstattliche Versicherung verzichten.

Nach Eintritt des Erbfalls müssen sich die Erben oft mit dem für sie bis dahin vollkommen unbekannten Thema „Erbschein“ auseinandersetzen. Ein Erbschein ist ein vom Nachlassgericht ausgestelltes Zeugnis über das Erbrecht nach dem Tod einer Person. Einem Erbschein kann entnommen werden, wer Erbe geworden ist und ob der Erbe gegebenenfalls in seinem Erbrecht Beschränkungen, wie zum Beispiel einer Testamentsvollstreckung, unterliegt.

Wenn der Erblasser kein notarielles Testament verfasst hat, werden die Erben den Erbschein fast immer benötigen, um auf Bankkonten des Erblassers zugreifen zu können oder auch beim Grundbuchamt erfolgreich einen Antrag auf Umschreibung einer Nachlassimmobilie stellen zu können.

Das Verfahren zu Erteilung eines Erbscheins beim Nachlassgericht ist sehr formalisiert. Der Erbe muss als Antragsteller beim Nachlassgericht nach § 352 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) umfangreiche Angaben über sein Verhältnis zum Erblasser und zu möglichen anderen Beteiligten zu machen.

Der Antragsteller hat die Richtigkeit seiner Angaben nachzuweisen

Das Nachlassgericht begnügt sich aber nicht nur mit den bloßen Angaben des Antragstellers zu seinem Erbrecht. Nach § 352 Abs. 3 FamFG ist der Antragsteller vielmehr auch verpflichtet, die Richtigkeit der von ihm gemachten Angaben nachzuweisen.

Einige der im Rahmen des Erbscheinantrages zu machenden Angaben können dabei vom Antragsteller durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden. So können beispielsweise das Verhältnis des Antragstellers zum Erblasser durch entsprechende Personenstandsurkunden (z.B. Geburtsurkunden, Eheurkunde) und die Tatsache des Ablebens des Erblassers durch die Vorlage einer Sterbeurkunde unproblematisch nachgewiesen werden.

Für weitere im Zusammenhang mit dem Erbscheinsantrag zu machende Angaben, sieht das Gesetz in § 352 Abs. 3 FamFG allerdings vor, dass der Antragsteller in aller Regel durch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zu bestätigen hat, dass seine Angaben der Richtigkeit entsprechen. Mit einer solchen eidesstattlichen Versicherung muss der Antragsteller zum Beispiel bestätigen, dass der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat oder ob ein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig ist.

Die vom Gesetz geforderte eidesstattliche Versicherung kann der Erbe bei einem Notar oder auch beim Nachlassgericht selber abgeben.

Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung kostet Geld

Neben dem erhöhten Aufwand, den ein Erbe im Zusammenhang mit der Beibringung einer solchen eidesstattlichen Versicherung einkalkulieren muss, fällt die eidesstattliche Versicherung vor allem dadurch auf, dass sie mit Kosten verbunden ist.

Nach Nr. 12210 Abs. 2 KV GNotKG (Kostenverzeichnis zum Gerichts- und Notarkostengesetz) in Verbindung mit Vorbemerkung 1 Abs. 2 in Verbindung mit Nr. 23300 KV GNotKG entsteht nämlich sowohl bei Gericht als auch beim Notar eine volle Gebühr für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.

Je nach Wert des Nachlasses können die hier entstehenden Gebühren durchaus spürbare Ausmaße annehmen. Bei einem Nachlasswert von 500.000 Euro sind für die eidesstattliche Versicherung schon 935 Euro fällig, bei einem Nachlasswert von 3 Mio. Euro sind vom Erben bereits 4.935 Euro alleine für die eidesstattliche Versicherung zu bezahlen.

Nachlassgericht kann eidesstattliche Versicherung erlassen

In Anbetracht solcher Kosten wird für den Erben eine Vorschrift interessant, wonach das Nachlassgericht die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung durch den Antragsteller erlassen kann, wenn es sie nicht für erforderlich hält. Nach § 352 Abs. 3 FamFG stellt es das Gesetz ausdrücklich in das Ermessen des Nachlassgerichts, auf die eidesstattliche Versicherung zu verzichten.

Klassisches Beispiel für einen möglichen Verzicht auf die eidesstattliche Versicherung ist der Erbscheinsantrag durch einen Nacherben im Nacherbfall, wenn auch der Vorerbe bereits einen Erbschein beantragt hatte. Hier sollten dem Nachlassgericht die maßgeblichen Informationen zur Erbfolge bereits aus dem vorangegangenen Erbscheinsantrag bekannt sein, so dass dem Nacherben die Abgabe einer erneuten eidesstattlichen Versicherung erlassen werden kann.

In Ausnahmefällen wurde von Gerichten auch schon entschieden, dass die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung deswegen zu erlassen sei, weil es der im Ausland wohnhaften Antragstellerin nicht zugemutet werden könne, zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach Deutschland zu reisen.

Nachdem es von Bundesland zu Bundesland erhebliche regionale Unterschiede gibt, was die Sichtweise der Nachlassgerichte zur Erforderlichkeit der eidesstattlichen Versicherung im Erbscheinverfahren betrifft, sollte der Erbe aus Kostengründen in jedem Fall versuchen, das Nachlassgericht davon zu überzeugen, dass die Abgabe dieser Kosten verursachenden Erklärung erlassen wird.

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