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Eine unter Betreuung stehende Person wird Erbe – Worauf muss der Betreuer achten?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Auch eine unter Betreuung stehende Person kann Erbe werden
  • Betreuer benötigt für die Ausschlagung der Erbschaft eine gerichtliche Genehmigung
  • Lauf der Ausschlagungsfrist ist während des Genehmigungsverfahrens gehemmt

In Deutschland werden jedes Jahr rund 200.000 Verfahren zur Anordnung einer Betreuung eingeleitet.

Eine Betreuung wird immer dann vom Gericht angeordnet, wenn eine volljährige Person auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten ganz oder teilweise zu besorgen.

Die Anordnung einer Betreuung für eine Person sagt zunächst einmal nichts über die Geschäftsfähigkeit einer Person aus. Eine betreute Person kann, muss aber nicht im Rechtssinne geschäftsunfähig sein.

Und ebenso wenig steht der Umstand, dass eine Person unter Betreuung steht, der Erbfähigkeit der betreuten Person entgegen. Nach § 1923 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) kann jede Person Erbe sein, die zum Zeitpunkt des Erbfalls lebt. Ob der Erbe unter Betreuung steht oder geschäftsfähig ist, spielt für die Erbfähigkeit keine Rolle.

Handlungspflichten für den Betreuer

Wenn eine Erbschaft für eine unter Betreuung stehende Person ansteht, dann treffen den zuständigen Betreuer umfassende Handlungspflichten.

Soweit der dem Betreuer übertragene Aufgabenkreis nämlich auch die so genannte Vermögenssorge umfasst, dann muss der Betreuer vor allem eine Entscheidung darüber treffen, ob die Erbschaft vom Betreuten angenommen oder ausgeschlagen werden soll.

Die Crux bei dieser Entscheidung besteht darin, dass dem Betreuer nur ein kurzes Zeitfenster von sechs Wochen zur Verfügung steht, binnen dem er die Entscheidung zur Ausschlagung der Erbschaft treffen kann.

Ist der Betreute selber nicht geschäftsfähig, dann beginnt die sechswöchige Ausschlagungsfrist allerdings erst zu laufen, wenn der Betreuer selber Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen (Tod des Erblassers, Erbenstellung des Betreuten) erhält, § 1902 BGB (so BayObLG, Rpfleger 1984, 403).

Soll das Erbe angenommen oder ausgeschlagen werden?

Eine Ausschlagung der Erbschaft wird in erster Linie dann geboten sein, wenn der Nachlass, an dem der Betreute als Erbe beteiligt sein soll, überschuldet ist.

Nach § 1967 BGB haftet der Erbe nämlich für so genannte Nachlassverbindlichkeiten. Hat der Erblasser im konkreten Fall aber mehr Schulden als positives Vermögen hinterlassen, dann muss der Betreute als Erbe unter Umständen mit seinem Privatvermögen die (geerbten) Schulden des Erblassers regulieren.

Die Entscheidung über die Annahme oder die Ausschlagung einer Erbschaft ist für den Betreuer manchmal auch deswegen so schwer zu treffen, da er in der Kürze der Zeit kaum belastbare Informationen über das Vermögen des Erblassers und damit über die Werthaltigkeit des Nachlasses erhält.

Betreuer braucht Informationen

Im Zweifel sollte der Betreuer unter anderem folgende Informationsquellen nutzen:

  • Nachfrage beim Nachlassgericht, ob ein Testament oder ein Erbvertrag existiert.
  • Kontoauszüge und Vertragsunterlagen in der Wohnung des Verstorbenen sichten.
  • Angehörige und Freunde des Verstorbenen befragen.
  • Feststellen, ob der der Verstorbene im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist: www.vollstreckungsportal.de
  • Beim Nachlassgericht nachfragen, ob andere Personen die Erbschaft bereits ausgeschlagen haben.

Soweit sich für den Betreuer herauskristallisiert, dass der Nachlass überschuldet ist und aus diesem Grund eine Ausschlagung der Erbschaft in Betracht kommt, muss der Betreuer weiter berücksichtigen, dass er für eine wirksame Ausschlagung der Erbschaft eine Genehmigung des Betreuungsgerichts benötigt, §§ 1908i, 1822 Nr. 1 und 2 BGB.

Diese für eine wirksame Ausschlagung zwingend erforderliche gerichtliche Genehmigung kann aber im Hinblick auf den zeitlichen Entscheidungsdruck durchaus hilfreich sein.

Genehmigungsverfahren verschafft dem Betreuer Zeit

Der Antrag auf Genehmigung der Ausschlagung der Erbschaft hemmt nämlich den Lauf der Ausschlagungsfrist bis zum Eingang der rechtskräftigen Genehmigung, § 206 BGB.

Wenn der Betreuer gegenüber dem Nachlassgericht die Erbausschlagung unter dem ausdrücklichen Vorbehalt einer noch zu erteilenden betreuungsgerichtlichen Genehmigung erklärt, kann er sich so noch zusätzliche Zeit verschaffen, um Ermittlungen zum Nachlass anzustellen.

Stellt sich im Rahmen dieser Ermittlungen heraus, dass der Nachlass gar nicht überschuldet ist, so muss der Betreuer die betreuungsrechtliche Genehmigung nicht beim Nachlassgericht einreichen.

In diesem Fall wird die unter Vorbehalt erklärte Ausschlagung der Erbschaft unwirksam und der Betreute kann das – für ihn wirtschaftlich positive – Erbe antreten.

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