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Rechtswirkung der Ausschlagung einer Erbschaft

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Mit der Ausschlagung der Erbschaft verliert der Ausschlagende alle Rechte am Nachlass.
  • Der Ausschlagende kann für Nachlassverbindlichkeiten nicht mehr in Haftung genommen werden.
  • Wer als Erbe für den Ausschlagenden nachrückt, bestimmt sich nach Testament oder Gesetz.

§ 1953 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) formuliert als Rechtsfolge für die Ausschlagung einer Erbschaft, dass „der Anfall (der Erbschaft) an den Ausschlagenden als nicht erfolgt gilt“. Derjenige, der also form- und fristgerecht eine Erbschaft ausschlägt, soll nach den gesetzlichen Vorschriften von Anfang an nicht als Erbe angesehen werden.

Damit die Situation eines Nachlasses, um den sich überhaupt niemand kümmert, vermieden wird, schreibt § 1953 Abs. 2 BGB gleichzeitig vor, dass im Falle der wirksamen Ausschlagung derjenige als Erbe berufen ist, der Erbe sein würde, wenn der Ausschlagende im Zeitpunkt des Erbfalls nicht gelebt haben würde. Auch bei der Bestimmung des Ersatzerben durch das Gesetz findet also eine Rückwirkungsfiktion statt. Als nachrückender Erbe muss man keine gesonderte Erklärung abgeben, vielmehr gilt man, rückwirkend auf den Erbfall bezogen, als Rechtsnachfolger des Erblassers.

Wer nach dem Ausschlagenden Erbe wird, ist entweder den Festlegungen durch den Erblasser in Testament oder Erbvertrag zu entnehmen oder ergibt sich bei Fehlen entsprechender Anordnungen im Zweifel aus dem Gesetz.

Wurde ein Ersatzerbe vom Erblasser bestimmt?

Hat der Erblasser in seinem Testament oder Erbvertrag einen Ersatzerben für den Fall des Wegfalls des zunächst vorgesehenen Erben benannt, so kommt nach der Ausschlagung dieser Ersatzerbe zum Zuge, § 2096 BGB. Hat der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung keine Ersatzerbenbestimmung vorgenommen, so ist der letzte Wille gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Auslegungsregeln auszulegen. Hat ein Abkömmling des Erblassers die Erbschaft ausgeschlagen, so wird beispielsweise im Zweifel anzunehmen sein, dass die Abkömmlinge des Ausschlagenden die Erbschaft erhalten sollen, § 2069 BGB.

Hat der Erblasser keinen letzten Willen hinterlassen, so gilt bei der gesetzlichen Erbfolge bei Ausschlagung durch einen Abkömmling des Erblassers, dass die Abkömmlinge des Ausschlagenden ersatzweise als Erben berufen sind, § 1924 Abs. 3 BGB. Hat der Erbe, der die Ausschlagung erklärt, keine eigenen Kinder, dann kommt es zu einer Erhöhung der Erbteile bei den verbliebenen Verwandten als Erben.

Auch bei einer Ausschlagung durch Eltern oder Großeltern sind deren Abkömmlinge als Ersatzerben berufen, §§ 1925 Abs. 3 und 1926 Abs. 3 BGB.

Das Nachlassgericht hat nach Eingang einer wirksamen Ausschlagungserklärung den (oder die) nachrückenden Erben von Amts wegen zu ermitteln und diesen von der Ausschlagung seines Vorgängers zu unterrichten.

Hat der ausschlagende Erbe von der Erbschaft ganz oder in Teilen bereits Besitz ergriffen oder hat er gegebenenfalls schon Rechtsgeschäfte über einzelne Nachlassgegenstände abgeschlossen, so hat er dem nachfolgenden Erben den Besitz an den Nachlassgegenständen zu verschaffen und auch den Erwerb aus den Rechtsgeschäften herauszugeben. Der nachfolgende Erbe kann in diesem Zusammenhang Auskunftsansprüche bei dem ausschlagenden Erben geltend machen, § 2027 BGB.

Von der Ausschlagung gänzlich unberührt bleiben Vermächtnis- oder Pflichtteilsansprüche Dritter, die nach der wirksamen Ausschlagung vom nachfolgenden Erben zu erledigen sind.

Ausschlagung umfasst auch Pflichtteilsanspruch

Derjenige, der eine Erbschaft ausschlägt, verliert damit regelmäßig auch seinen Pflichtteilsanspruch. Man kann also in aller Regel nicht durch eine Ausschlagung einer eventuell mühsamen Erbauseinandersetzung mit dem Ziel entgehen, einen vermeintlich leichter durchsetzbaren Pflichtteilsanspruch anzumelden.

Nur in wenigen gesetzlich definierten Fällen, kann sich der Erbe mit der Ausschlagung einen Pflichtteilsanspruch verschaffen. Dies gilt namentlich für den in Zugewinngemeinschaft lebenden Ehegatten, § 1371 Abs. 3 BGB, für den durch einen Nacherben, einen Testamentsvollstrecker oder eine Teilungsanordnung belasteten Erben, § 2306 Abs. 1 BGB, oder bei Ausschlagung eines Vermächtnisses durch einen Pflichtteilsberechtigten, § 2307 Abs. 1 BGB.

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