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Muss die Erklärung der Ausschlagung einer Erbschaft in deutscher Sprache abgefasst sein?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Schleswig – Beschluss vom 11.02.2015 – 3 Wx 90/14

  • Nachlassgericht ermittelt eine in England lebende Erbin
  • Die Erbin erklärt in einem in englischer Sprache gehaltenen Schreiben, dass sie für keinerlei Kosten aufkommen will
  • Gerichte sehen in dieser Erklärung keine gültige Ausschlagung der Erbschaft

Das Oberlandesgericht Schleswig hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine in englischer Sprache an das Nachlassgericht gerichtete Erklärung als wirksame Ausschlagung einer Erbschaft gelten kann.

In der Angelegenheit waren nach dem Tod der Erblasserin umfangreiche Ermittlungen notwendig, um die Erben festzustellen.

Zahlreiche vom Nachlassgericht ermittelte Erben diverser Ordnungen waren entweder selber bereits verstorben oder wollten mit dem Nachlass nichts zu tun haben und erklärten entsprechend die Ausschlagung der Erbschaft.

In England lebende Erbin wird vom Nachlassgericht angeschrieben

Im Rahmen der vom Nachlassgericht angestellten Nachforschungen war auch eine in England lebende Erbin vom Gericht angeschrieben worden.

Die Beteiligte wurde von der Erbschaft in Kenntnis ebenso wie von dem Umstand in Kenntnis gesetzt, dass sie das Recht habe, die Erbschaft auszuschlagen.

Die in England wohnende Erbin antwortete mit Datum vom 09./15.11.2006 dem Nachlassgericht mit einem in englischer Sprache gehaltenen Schreiben folgenden Inhalts:

“I refute any liability to any costs or expenses incurred by Y.”

Das Nachlassgericht teilte der Dame in England daraufhin mit, dass in dieser Erklärung keine wirksame Ausschlagung der Erbschaft zu sehen sei und klärte die Beteiligte abermals über die Möglichkeit der Erbausschlagung auf.

Aus England kommt keine Reaktion mehr

Eine Reaktion von Seiten der in England wohnenden Beteiligten erfolgte auf dieses Schreiben des Nachlassgerichts nicht mehr.

Eine andere Beteiligte hatte bereits im März 2011 in der Nachlasssache die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der mit Datum vom 21.09.2011 auch antragsgemäß erteilt wurde.

Nachdem in diesem Erbschein aber auch die Erbin aus England als Miterbin zu ¼ aufgeführt war, wandte sich die Miterbin, die den Erbschein beantragt hatte, Anfang 2014 an das Nachlassgericht und beantragte dort, dass der vorliegende Erbschein als unrichtig eingezogen werden möge.

Die Einziehung des Erbscheins sei geboten, so die Antragstellerin, da die in England beheimatete Beteiligte ihre Erbschaft schließlich ausgeschlagen habe und daher zu Unrecht in dem Erbschein als Miterbin aufgeführt sei.

Betroffene legt Beschwerde gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts ein

Das Nachlassgericht weigerte sich, diesem Antrag auf Einziehung des Erbscheins nachzukommen, da es weiter von der Unwirksamkeit der Erbausschlagung ausging.

Daraufhin erhob die Beteiligte Beschwerde zum Oberlandesgericht.

Das OLG teilte jedoch die Rechtsauffassung des Nachlassgerichts und wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

Auch das OLG vertrat die Auffassung, dass die Erbausschlagung unwirksam, der Inhalt des Erbscheins mithin zutreffend war.

Die Erklärung der Betroffenen ist nicht eindeutig

In der Begründung der Entscheidung wies das OLG darauf hin, dass selbst bei Unterstellung der Anwendbarkeit englischen Rechts auf den Fall aus der von der Beteiligten abgegebenen Erklärung nicht mit hinreichender Sicherheit herausgelesen werden könne, dass sie die Erbschaft ausschlagen wollte.

In dieser Auffassung sah sich das Gericht auch durch den Umstand bestärkt, dass die Beteiligte auf den Hinweis des Nachlassgerichts, wonach bisher keine wirksame Erbausschlagung vorliege, nicht mehr reagiert habe.

Ebenso wenig habe die Beteiligte weder gegen den Erbscheinsantrag noch gegen den Erbschein Einwendungen erhoben.

Ausschlagung der Erbschaft sollte in deutscher Sprache abgefasst sein

Und selbst wenn man unterstelle, dass die Beteiligte mit ihrem englischsprachigen Schreiben vom 09./15.11.2006 die Erbschaft habe ausschlagen wollen, sei es, so das OLG, zu keinem zu einer wirksamen Ausschlagung der Erbschaft gekommen.

Maßgebend für die Frage, in welcher Form nämlich die Erklärung der Ausschlagung abgegeben werden müsse, sei das so genannte Erbstatut. Nach dem Erbstatut bestimmt sich, nach welcher nationalen Rechtsordnung sich die entstehenden erbrechtlichen Fragen bestimmen.

Nachdem die Erblasserin im zu entscheidenden Fall deutsche Staatsbürgerin war, gelte, so das OLG, auch deutsches Erbrecht als Erbstatut.

Daraus folge aber, dass im zu entscheidenden Fall zwingend eine in deutscher Sprache abgefasste Erklärung der Ausschlagung der Erbschaft erforderlich gewesen wäre, § 184 GVG (Gerichtsverfassungsgesetz).

Nachdem eine solche Erklärung dem Nachlassgericht aber nicht zugegangen war, verblieb es bei der Erbenstellung der Beteiligten aus England. Der Inhalt des Erbscheins war mithin zutreffend, eine Einziehung des Erbscheins wurde abgelehnt.

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