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Kann man die Ausschlagung der Erbschaft wieder rückgängig machen?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Die Ausschlagung der Erbschaft kann angefochten und so rückgängig gemacht werden.
  • Voraussetzung für eine Anfechtung der Ausschlagung ist ein Anfechtungsgrund.
  • Es ist eine Anfechtungsfrist von sechs Wochen zu beachten.

Wenn eine Erbschaft anfällt, dann ist dies für den Erben - zumindest in finanzieller Hinsicht - regelmäßig ein positives Ereignis. Ohne eigenes Zutun wächst das Vermögen des Erben gleichsam über Nacht um den Wert des Vermögens des Erblassers.

Eine Erbschaft muss aber nicht zwangsläufig mit einem Vermögenszuwachs auf Seiten des Erben verbunden sein. Nachdem das deutsche Erbrecht bestimmt, dass der Erbe nicht nur das positive, sondern auch das negative Vermögen, sprich die Schulden, des Erblassers erbt, kann sich eine Erbschaft auch finanziell nachhaltig belastend auf das Vermögen des Erben auswirken.

Hat der Erblasser zu Lebzeiten mehr Verbindlichkeiten und Schulden angehäuft, als Vermögenswerte geschaffen, dann ist der Nachlass überschuldet. Der Erbe, der eine solche Erbschaft annimmt, macht ein schlechtes Geschäft und muss per saldo durch die Erbschaft einen finanziellen Verlust hinnehmen.

Nachdem aber kein durch Testament eingesetzter oder kraft gesetzlicher Erbfolge berufener Erbe dazu gezwungen werden kann, eine für ihn finanziell nachteilige Erbschaft anzunehmen, sieht das Gesetz in den §§ 1943 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) für jeden Erben das Recht vor, die ihm angetragene Erbschaft binnen einer Frist von sechs Wochen auszuschlagen.

Macht der Erbe von diesem Ausschlagungsrecht Gebrauch und erklärt er gegenüber dem Nachlassgericht die Ausschlagung der Erbschaft, dann hat sich die Erb-Angelegenheit für ihn erledigt. Er erhält nichts aus dem Vermögen des Erblassers, muss aber auch nicht für dessen Schulden gerade stehen.

Ausschlagung erklärt - Plötzlich taucht Vermögen auf

Immer wieder kommt es jedoch vor, dass Erben wirksam und fristgerecht die Ausschlagung der Erbschaft erklärt haben, nur um dann Monate oder Jahre später zu erfahren, dass dieser Schritt vielleicht etwas voreilig gewesen ist. Wenn der Erbe, der die Ausschlagung erklärt hat, von mehr oder weniger großen Vermögenswerten Kenntnis erlangt, die sich von Anfang an im Nachlass befanden, dann sucht er regelmäßig nach Wegen, wie er die bereits erklärte Ausschlagung rückgängig machen und doch noch an die neu aufgetauchten Vermögenswerte kommen kann.

Die Anfechtung der Ausschlagung

Das Gesetz bietet einem Erben, der etwas voreilig die Ausschlagung erklärt hat, tatsächlich unter bestimmten Umständen die Möglichkeit, die Rechtswirkungen der Ausschlagung zu beseitigen und wieder in die Erbenrolle zu schlüpfen.

Nach § 1954 BGB kann die Erklärung der Ausschlagung nämlich angefochten und damit unwirksam gemacht werden. Wesentliche Voraussetzung für eine Anfechtung der Ausschlagung ist, dass dem Erben ein von der Rechtsordnung anerkannter Anfechtungsgrund zur Seite steht.

Eine Anfechtung ist nur dann möglich, wenn einer der in den §§ 119 und 123 BGB normierten Anfechtungsgründe gegeben ist.

In der Praxis relevant ist dabei vor allem der Anfechtungsgrund in § 119 Abs. 2 BGB. Danach kann man eine erfolgte Ausschlagungserklärung dann wirksam anfechten, wenn sich der die Ausschlagung erklärende Erbe im Zeitpunkt seiner Erklärung über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses geirrt hat.

Dabei darf sich der Irrtum nicht auf die allgemeine Vorstellung des Erben beziehen, dass der Nachlass überschuldet ist. Eine solche pauschale Fehlvorstellung ist als bloßer "Motivirrtum" regelmäßig irrelevant und wird von den Gerichten nicht anerkannt.

Der Irrtum muss sich vielmehr darauf beziehen, dass bestimmte Gegenstände oder Forderungen nicht zum Nachlass gehören bzw. der Erbe muss fälschlicherweise davon ausgehen, dass bestimmte Nachlassverbindlichkeiten tatsächlich bestehen und den Nachasswert schmälern.

Wurde die Ausschlagungserklärung des Erben von solchen irrtümlichen Vorstellungen beeinflusst, kann der Erbe die Anfechtung seiner Ausschlagung erklären und damit die Ausschlagung rückgängig machen.

Form und Frist der Anfechtungserklärung

Viel Zeit hat der Erbe für eine solche Anfechtungserklärung allerdings nicht. Die Anfechtungserklärung ist binnen einer Frist von sechs Wochen, nachdem der Erbe seinen Irrtum entdeckt hat zu erklären, § 1954 BGB.

Innerhalb dieser Sechswochenfrist ist die Erklärung der Anfechtung gegenüber dem Nachlassgericht entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form abzugeben, § 1945 BGB.

Greift die Anfechtung durch, wird die Ausschlagung wirkungslos und der alte Erbe kann die Erbschaft antreten.

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