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Hat man vor dem Erbfall bereits Auskunftsansprüche in Bezug auf das Vermögen einer Person?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Jeder kann zu Lebzeiten mit seinem Vermögen machen, was er will.
  • Zukünftige Erben haben zu Lebzeiten des Erblassers keinen Auskunftsanspruch.
  • Kann der zukünftige Erblasser seine Angelegenheiten noch alleine regeln?

Zukünftigen Erben verspüren zuweilen in Anbetracht der aktuellen Lebensumstände von Vater oder Mutter ein gewisses Unbehagen. Gerade wenn die familiären Bande zwischen dem Kind auf der einen Seite und dem Vater oder der Mutter als zukünftigen Erblasser/in nicht mehr allzu eng sind, sorgt vor allem das Auftauchen dritter Personen auf der Bildfläche manchmal für erhebliche Aufregung.

Wenn der Vater im Alter von 70 Jahren plötzlich seinen zweiten Frühling erlebt und mit der neuen und wesentlich jüngeren Freundin zusammen zieht, dann treibt die Kinder oft nicht nur die Sorge um die Ehrenhaftigkeit der Motive der neuen Lebenspartnerin um. Geargwöhnt wird vielmehr, dass sich die neue Partnerin aus wenig selbstlosen Gründen so intensiv um ihren neuen Partner kümmert. Unterstellt wird, dass es – wie so häufig im Leben – ausschließlich um finanzielle Interessen geht.

Kinder als zukünftige Erben sehen in solchen Situationen oft „ihre Felle davonschwimmen“, wenn der zukünftige Erblasser zu Lebzeiten daran geht, sein Vermögen nach Kräften zu mindern.

Die betroffenen zukünftigen Erben benötigen zur Beruhigung ihrer angespannten Nerven in diesen Fällen vor allem Informationen. Fragt sich, ob der zukünftige Erblasser verpflichtet ist, den Kindern zu drängenden Fragen in Bezug auf seine finanziellen Verhältnissen Rede und Antwort zu stehen.

Zu Lebzeiten kann man mit seinem Vermögen machen, was man will

Die rechtliche Situation für die Kinder ist ernüchternd: Grundsätzlich kann nämlich jedermann nach der in Deutschland geltenden Rechtsordnung mit seinem Vermögen zu Lebzeiten machen was er will und er ist auch niemandem Rechenschaft schuldig. Wenn sich der siebzigjährige Vater also dazu entschlossen hat, seiner neuen Lebensgefährtin neben dem neuen Sportwagen noch eine monatliche Zahlung in Höhe von 5.000 Euro zukommen zu lassen, dann geht dies nur ihn selber etwas an. Zukünftige Erben, Pflichtteilsberechtigte oder Vermächtnisnehmer haben keine Möglichkeit, den zukünftigen Erblasser zur Rechenschaft über sein Tun aufzufordern, um die Werthaltigkeit ihrer (zukünftigen) Ansprüche überprüfen zu können.

Art. 2 GG (Grundgesetz) - Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit - und § 903 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) - Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen - stärkt dem zukünftigen Erblasser in diesem Punkt nachhaltig den Rücken und verschafft ihm weitestgehende Handlungsfreiheit.

Fazit: Ein Auskunftsanspruch zukünftiger Erben besteht also im Normalfall dem Grunde nach nicht.

Nur in Ausnahmefällen kann den besorgten Erben vor und auch nach Eintritt des Erbfalls geholfen werden:

Kann der Erblasser noch seine Angelegenheiten besorgen?

Wenn der Erblasser mit seinem Verhalten nämlich Anlass für die begründete Sorge gibt, dass er nicht mehr in der Lage ist, seine eigenen Angelegenheiten eigenverantwortlich zu regeln, dann kommt in extremen Fällen die Anordnung einer Betreuung nach § 1896 BGB in Betracht. Für die Anordnung einer Betreuung ist freilich alleine der Hinweis, wonach eine Person ihr Vermögen unangemessen verschwendet, bei weitem nicht ausreichend. In Frage kommt eine Anordnung einer Betreuung beispielsweise bei einer auf eine psychische Erkrankung zurück zu führenden Spielsucht des Betroffenen.

In Folge der Anordnung einer Betreuung kann der Betroffene unter anderem auch das Recht verlieren, frei über sein Vermögen zu verfügen.

Beeinträchtigende Schenkungen des Erblassers

Wenn die zukünftigen Erben schon zu Lebzeiten nahezu nichts dagegen unternehmen können, dass „ihr“ Erbe zunehmend dahin schmilzt, dann kann ihnen gegebenenfalls nach Eintritt des Erbfalls geholfen werden.

§ 2287 BGB eröffnet nämlich dem in einem Erbvertrag oder einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament eingesetzten Erben nach Eintritt des Erbfalls dann einen Herausgabeanspruch gegen den Beschenkten, wenn der Erblasser die Schenkung zu Lebzeiten in der Absicht vorgenommen hat, den Erben zu beeinträchtigen.

Eine Beeinträchtigungsabsicht wird von den Gerichten regelmäßig dann bejaht, wenn durch die Schenkung eine „Korrektur des Erbvertrages bzw. gemeinschaftlichen Testamentes“ beabsichtigt war. Dies soll immer dann vorliegen, wenn der Erblasser kein „lebzeitiges Eigeninteresse“ (z.B. Absicherung von Pflegeleistungen oder Betreuung) an der Schenkung hatte.

Liegt also eine Beeinträchtigungsabsicht des Erblassers und Schenkers vor, dann kann sich der Erbe die Geschenke u.U. beim Beschenkten wiederholen.

Sittenwidrigkeit einer Schenkung?

Schließlich kann ein Ansatzpunkt zur Rückgängigmachung einer vom Erblasser vorgenommenen Schenkung auch deren Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB sein.

Dabei ergibt sich die Sittenwidrigkeit einer Schenkung nach Rechtsprechung des BGH nicht allein aus der Höhe der gemachten Zuwendung. Maßgeblich seien vielmehr die Motive, der verfolgte Zwecke sowie Art und Weise des Vorgehens auf Seiten des Zuwendungsempfängers (BGH, Urteil vom 04.07.1990, IV ZR 121/89).

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