Ein Erbe hält den Miterben von der Erbschaft fern - Was tun?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Erbe kann vom Erbschaftsbesitzer Auskunft über den Bestand des Nachlasses verlangen.
  • Auskunft muss schriftlich und übersichtlich erfolgen.
  • Richtigkeit der Auskunft muss gegebenenfalls an Eides statt versichert werden.

Nicht alle Erbschaften laufen zwischen den beteiligten Erben harmonisch ab. Es kommt vielmehr immer wieder vor, dass sich ein Erbe besondere Rechte herausnimmt und den oder die Miterben von einzelnen oder auch allen Nachlassgegenständen fernhält.

Dem Grunde nach gibt es selbstverständlich kein Rangverhältnis zwischen den einzelnen Erben. Es gibt keinen Erben erster und zweiter Klasse. Unabhängig von der jeweiligen Erbquote, mit der jeder einzelne Erbe an der Erbschaft beteiligt ist, hat jeder Erbe das gleiche Recht, einzelne Nachlassgegenstände in Augenschein zu nehmen und im Einvernehmen mit den anderen Erben auch zu nutzen.

Verweigert ein Erbe den Miterben diese Rechte, dann kann und sollte der betroffene Erbe reagieren.

Auskunftsanspruch gegen den Erbschaftsbesitzer

Zunächst sollte derjenige Erbe, der mehr über Bestand und Umfang des Nachlasses in Erfahrung bringen will, von demjenigen Erben, der den Nachlass in Besitz hat, Auskunft über den Nachlass verlangen.

Nach § 2027 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ist ein Erbschaftsbesitzer verpflichtet, dem Erben über den Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände Auskunft zu erteilen.

Der Begriff des Erbschaftsbesitzers ist in § 2018 BGB zwar in dem Sinne definiert, dass Erbschaftsbesitzer nur derjenige ist, der einzelne Nachlassgegenstände aufgrund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts besitzt. Auf den ersten Blick scheint die Anspruchsgrundlage des § 2027 BGB demnach auf den Miterben als Erbschaftsbesitzer nicht recht zuzutreffen, steht dem Miterben doch in jedem Fall ein Erb- und damit auch ein Besitzrecht zu.

Die Rechtsprechung erweitert den Anwendungsbereich des § 2027 BGB jedoch auch auf denjenigen Erben, der seinen Miterben den Nachlass vorenthalten will. Auch hier haben die ausgeschlossenen Erben ein mehr als nachvollziehbares Bedürfnis, genauere Kenntnis über den Verbleib des Nachlasses zu erhalten.

Wie muss die zu erteilende Auskunft aussehen?

Verlangt ein Erbe vom Miterbe, der den Nachlass ganz oder in Teilen in Besitz hat, Auskunft, dann muss der besitzende Erbe eine übersichtliche Aufstellung über den in seinem Besitz befindlichen Nachlass erstellen.

In dieser schriftlichen Aufstellung hat der Erbschaftsbesitzer alle zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenstände aufzunehmen. Ebenfalls sind in der Aufstellung solche Vermögenswerte aufzuführen, die der Erbschaftsbesitzer gegebenenfalls in der Zwischenzeit mit Mitteln aus dem Nachlass erworben hat. Konnte der Erbschaftsbesitzer in der Zeit nach dem Erbfall mit Hilfe des Nachlasses Einnahmen erzielen, so sind auch diese Einnahmen in der Aufstellung anzugeben.

Hat der Erbschaftsbesitzer Kenntnis über den Verbleib von verschwundenen oder nicht mehr auffindbaren Erbschaftsgegenständen, so hat er auch hierüber Auskunft zu erteilen.

Allzu lax sollte der Erbschaftsbesitzer mit diesem Auskunftsverlangen eines Miterben nicht umgehen. Besteht nämlich Grund zu der Annahme, dass das Verzeichnis vom Erbschaftsbesitzer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so hat der Erbschaftsbesitzer auf Verlangen des Miterben zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er das Verzeichnis nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und den Bestand vollständig angegeben hat, § 260 Abs. 2 BGB.

Kann der Miterbe dem Erbschaftsbesitzer nachweisen, dass diese eidesstattliche Versicherung vorsätzlich falsch abgegeben wurde, hat der Erbschaftsbesitzer neben zivilrechtlichem Ärger unter Umständen auch ein strafrechtliches Problem, § 156 StGB (Strafgesetzbuch).

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