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Erbschaft und Arbeitslosengeld II - Jobcenter greift auf Erbschaft zu

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Erbschaft muss von Empfänger von Arbeitslosengeld zur Bestreitung seines Lebensunterhalts eingesetzt werden.
  • Erbschaft muss unverzüglich gemeldet werden.
  • Erben können für Arbeitslosengeld des Erblassers in Anspruch genommen werden.

Im Jahr 2013 haben in Deutschland über 4,4 Millionen Bürger Leistungen nach dem 2.Teil des Sozialgesetzbuches bezogen, da sie ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sicherstellen konnten.

Berührungspunkte zum Erbrecht ergeben sich sowohl für die Empfänger von Arbeitslosengeld II, wenn sie Leistungen aus einer Erbschaft erhalten als auch für die Erben von Personen, die zu Lebzeiten Arbeitslosengeld II, umgangssprachlich Hartz 4 genannt, bezogen haben.

Der Anspruchsberechtigte macht eine Erbschaft

Für den Leistungsbezieher von Arbeitslosengeld II kann eine Erbschaft bedeuten, dass die Hilfsbedürftigkeit und damit die Voraussetzung für die Leistungsberechtigung wegfallen. Nach § 7 Abs. 1 SGB II ist nur derjenige berechtigt, Arbeitslosengeld II zu beziehen, der hilfsbedürftig ist. Hilfsbedürftig ist nach § 9 SGB II derjenige, der seinen Lebensunterhalt nicht alleine bestreiten kann.

Macht der Anspruchsberechtigte während des Bezugs von Arbeitslosengeld II eine Erbschaft so muss er natürlich vorrangig diese neu erworbenen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes einsetzen. Vorhandenes oder eben auch neu hinzugewonnenes Vermögen ist bei Leistungen nach dem SGB II in jedem Fall zu berücksichtigen, § 12 SGB II. Je nach Höhe der Erbschaft fällt der Anspruch auf Arbeitslosengeld II ganz oder teilweise weg.

Der Anspruchsberechtigte ist nach § 60 Abs. 1 SGB I verpflichtet, jede Erbschaft als „Änderung in seinen wirtschaftlichen Verhältnissen, die für den Bezug des Arbeitslosengeldes erheblich sind“, unverzüglich dem Leistungsträger zu melden.

Leistungsempfänger als Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigter

Ist der Bezieher von Arbeitslosengeld II in einem Testament mit einem Vermächtnis bedacht worden oder kann er als naher Angehöriger oder Ehepartner nach Eintritt des Erbfalls Pflichtteilsansprüche geltend machen, dann bietet § 33 SGB II den Sozialbehörden einen noch effektiveren Zugriff auf das neue Vermögen des Anspruchsberechtigten.

§ 33 SGB II sieht nämlich vor, dass die Ansprüche, die der Bezieher von Arbeitslosengeld II aus dem Vermächtnis oder wegen des ihm zustehenden Pflichtteils gegen den Erben geltend machen könnte, kraft Gesetz auf den staatlichen Leistungsträger übergehen.

Mit diesem Anspruchsübergang auf den Leistungsträger soll der Nachrang der staatlichen Sozialleistungen sichergestellt werden. Diese sollen nur dann und solange gewährt werden, als der Betroffene selber nicht in der Lage ist, für sich selber zu sorgen.

Neuer Anspruchsinhaber ist der Träger der Grundsicherung, der aus übergegangenem Recht auf den Erben zugehen und Forderungen stellen kann. Dabei ist der Anspruchsübergang der Höhe nach begrenzt: Nach § 33 Abs. 1 SGB II geht der Anspruch aus dem Vermächtnis bzw. aus Pflichtteilsrechten nur bis zur Höhe der bisher geleisteten Aufwendungen über. Geht das Vermächtnis bzw. der Pflichtteilsanspruch über die bereits erbrachten Leistungen hinaus, verbleibt der Anspruch beim Betroffenen.

Haftung der Erben für an den Erblasser gezahlte Hartz 4 - Leistungen

Nicht nur der Anspruchsberechtigte selber hat sich zu Lebzeiten mit Leistungen aus Erbschaft, Vermächtnis oder Pflichtteilsanspruch an den Kosten von Sozialhilfe zu beteiligen.

Nach Ableben des Leistungsbeziehers kann die Regelung § 102 SGB XII dazu führen, dass die Erben einer leistungsberechtigten Person oder ihres Ehegatten bzw. Lebenspartners dem Leistungsträger gegenüber wegen der von diesem bezahlten Hartz 4 – Beträge erstattungspflichtig sind.

Voraussetzung für eine solche nachträgliche Finanzierung bereits geleisteter Arbeitslosengeld II-Zahlungen ist, dass diese Zahlungen an den Erblasser innerhalb der letzten zehn Jahre vor Eintritt des Erbfalls geflossen sind.

Anwendung findet die selbstständige Erbenhaftung nach § 102 SGB XII vor allem dann, wenn ein Hausgrundstück vom ehemaligen Leistungsbezieher vererbt wird.

Der Ersatzanspruch der Behörde umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung.

Der Erbe kann sich im Falle der Inanspruchnahme nach § 102 SGB XII nur mit dem Gedanken trösten, dass seine Eintrittspflicht auf den Nachlasswert im Zeitpunkt des Erbfalls beschränkt ist. Das eigene Vermögen des Erben ist demnach geschützt.

Weiter wird der Anspruch vom Leistungsträger nicht geltend gemacht, soweit

  • der Wert des Nachlasses unter dem Dreifachen des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 SGB XII liegt,
  • soweit der Wert des Nachlasses unter dem Betrag von 15.340 Euro liegt, wenn der Erbe der Ehegatte oder Lebenspartner der leistungsberechtigten Person oder mit dieser verwandt ist und nicht nur vorübergehend bis zum Tod der leistungsberechtigten Person mit dieser in häuslicher Gemeinschaft gelebt und sie gepflegt hat, oder
  • soweit die Inanspruchnahme des Erben nach der Besonderheit des Einzelfalles eine besondere Härte bedeuten würde.

Eine besondere Härte kann zum Beispiel dann vorliegen, wenn der Erbe mit dem Erblasser weder verwandt noch deren Partner war, der Erbe aber trotzdem den Erblasser gepflegt hat.

Der Erbe kann nicht mehr in Anspruch genommen werden, wenn drei Jahre seit dem Erbfall vergangen sind, § 102 Abs. 4 SGB XII.

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