Anfechtung der Ausschlagung einer Erbschaft – Erbe irrt über die Rechtsfolgen seiner Erklärung

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Hamm – Beschluss vom 31.05.2011 – I-15 W 176/11

  • Erbe schlägt die Erbschaft aus
  • Erbe irrt über die Rechtsfolgen der Ausschlagung
  • Anfechtung der Ausschlagung nicht möglich

Die Rechtswirkungen der Anfechtung einer Erbschaftsausschlagung hatte das OLG Hamm zu überprüfen.

In der Angelegenheit war der Beschwerdeführer nach den Grundsätzen der gesetzlichen Erbfolge Erbe zu ½ geworden. Der Erbe richtete jedoch fristgerecht innerhalb der gesetzlichen Ausschlagungsfrist von sechs Wochen mit Datum vom 01.06.2010 eine notariell beglaubigte Erklärung an das zuständige Nachlassgericht, wonach er die „angefallene Erbschaft aus allen Berufungsgründen, also auch als gesetzlicher Erbe“ ausschlug.

Kann die Ausschlagung wieder rückgängig gemacht werden?

Diese Ausschlagungserklärung bereute der Beschwerdeführer jedoch kurz darauf. Im Oktober 2010 erreichte das Nachlassgericht nämlich eine Anfechtungserklärung des Beschwerdeführers. Er trug vor, sich hinsichtlich der Rechtswirkungen seiner Ausschlagungserklärung geirrt zu haben. Nach seinem Vortrag beabsichtigte der Beschwerdeführer mit seiner Ausschlagung seine Mutter zur Alleinerbin zu machen. Nachdem er jedoch feststellen musste, dass nach § 1953 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) nach seiner Ausschlagung neben seiner Mutter auch Erben der zweiten Ordnung zum Zuge kommen, wollte er seine Ausschlagung der Erbschaft mittels der Anfechtungserklärung wieder rückgängig machen.

Gleichzeitig mit der Anfechtung der Ausschlagung beantragte der Beschwerdeführer den Erlass eines Erbscheins, der ihn als hälftigen Miterben neben seiner Mutter ausweisen sollte.

Dieser Erbscheinsantrag wurde jedoch sowohl vom Nachlassgericht als auch vom OLG als Beschwerdegericht zurückgewiesen.

Das Oberlandesgericht stellte in seiner Beschwerdeentscheidung maßgeblich darauf ab, dass der Beschwerdeführer keinem relevanten Irrtum im Sinne von § 119 BGB unterlegen sei. Ein zur Anfechtung einer erklärten Ausschlagung berechtigender Irrtum sei, so das Gericht, dann gegeben, wenn „das vorgenommene Rechtsgeschäft wesentlich andere als die beabsichtigten Wirkungen erzeugt“.

Irrtum war für Anfechtung nicht relevant

Das Gericht stellte jedoch in seiner Entscheidung heraus, dass der geschäftlich durchaus erfahrene Beschwerdeführer mit seiner Ausschlagung genau das erreicht habe, was er nach dem eindeutigen Wortlaut seiner Ausschlagungserklärung auch erreichen wollte. Mit Erklärung der Ausschlagung schied der Beschwerdeführer aus der Erbfolge nach dem Erblasser aus.

Das Gericht konzedierte dabei, dass sich der Beschwerdeführer bei Abgabe seiner Erklärung offenbar über die weiteren rechtlichen Auswirkungen seiner Erklärung geirrt habe, nachdem ihm im Zeitpunkt der Ausschlagungserklärung nicht bewusst gewesen sei, dass mit seinem Ausscheiden aus der Erbfolge nicht seine Mutter alleinige Erbin wird, sondern weitere Erben an seiner Stelle nachrücken würden. Dieser Irrtum sei aber, so das OLG, lediglich ein so genannter unbeachtlicher Motivirrtum und berechtige im Rahmen des § 119 BGB nicht zur Anfechtung der Ausschlagungserklärung.

Im Ergebnis wurde der Erbscheinsantrag des Beschwerdeführers danach auch vom OLG zurück gewiesen.

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