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Ist man an die einmal erklärte Annahme einer Erbschaft gebunden?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Mit der Annahme der Erbschaft wird man Rechtsnachfolger des Erblassers.
  • Mögliche Anfechtung der Annahme einer Erbschaft, wenn die Erbschaft überschuldet ist.
  • Die Anfechtung der Annahme einer Erbschaft muss gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden.

Hat man eine Erbschaft erst einmal angenommen, dann sind die mit der Annahme verbundenen Rechtsfolgen im Gesetz klar definiert.

Gemäß § 1943 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) verliert man nämlich sein Recht, die Erbschaft auszuschlagen, in dem Moment, in dem man die Erbschaft angenommen hat.

Dabei ist es vollkommen belanglos, ob man die Annahme ausdrücklich erklärt hat, die Annahme durch konkludentes Handeln (z.B. Beantragung Erbschein, Veräußerung von Nachlassgegenständen, Geltendmachung von Nachlassansprüchen) oder durch bloßes Verstreichenlassen der sechswöchigen Ausschlagungsfrist nach § 1944 BGB vonstatten gegangen ist.

Der Erbe wird Rechtsnachfolger des Erblassers

Mit der Annahme der Erbschaft wird man zwangsläufig auch Rechtsnachfolger des verstorbenen Erblassers.

Diese mit Annahme der Erbschaft vom Gesetz zwingend angeordnete Rechtsnachfolge nach dem verstorbenen Erblasser kann einem Erben aber durchaus schlaflose Nächte bereiten.

Stellt sich nämlich nach Annahme der Erbschaft heraus, dass der Nachlass überschuldet ist und sind schon die ersten Gläubiger des Erblassers beim Erben vorstellig geworden, um ihre Forderungen einzutreiben, dann hat der Erbe ein großes Interesse daran, die unerwünschte Erbschaft wieder los zu werden und die Rechtswirkungen der von ihm erklärten Annahme zu beseitigen.

Eine wie auch immer geartete „Rücknahme“ oder einen „Widerruf“ der Annahme einer Erbschaft sieht das Gesetz nicht vor.

Irrtum über den Berufungsgrund

In seltenen Fällen hilft nach bereits erfolgter Annahme einer Erbschaft der § 1949 BGB, wonach die Annahme der Erbschaft als nicht erfolgt gilt, wenn sich der Erbe über den Berufungsgrund geirrt hat.

Von dieser Norm sind beispielsweise Fälle erfasst, in denen der Erbe fälschlicherweise von der Wirksamkeit oder auch der Unwirksamkeit eines vorliegenden Testaments ausgeht und sich deswegen für den Erben hält.

Weiter kann an die Nichtigkeit einer Annahmeerklärung nach § 1949 BGB beispielsweise dann gedacht werden, wenn der Erbe irrtümlich davon ausgegangen ist, dass er mit dem Erblasser verwandt ist.

Erklärt er vor diesem Hintergrund die Annahme der Erbschaft und wird später das Nichtbestehen des Verwandtschaftsverhältnisses entdeckt, so gilt die Annahme der Erbschaft als nicht erfolgt.

Anfechtung der Annahme einer Erbschaft

In der weitaus überwiegenden Anzahl der Fälle wird der Erbe aber die Annahme der Erbschaft nicht deswegen erklärt haben, weil er sich über den Berufungsgrund geirrt hat, sondern weil er einem Irrtum hinsichtlich der Werthaltigkeit der Erbschaft aufgesessen ist.

In diesen Fällen bleibt dem Erben nur zu prüfen, ob er seine Annahmeerklärung eventuell anfechten und sich auf diesem Weg wieder von der ungeliebten Erbschaft verabschieden kann.

Nach § 1957 BGB gilt die wirksame Anfechtung der Annahme der Erbschaft als deren Ausschlagung. Geht die Anfechtung also durch, so ist der Erbe jegliche (Haftungs-) Sorgen rund um die Erbschaft los. Er muss für alte Schulden des Erblassers nicht mehr einstehen.

Irrtum des Erblassers als Anfechtungsgrund

Der Erbe benötigt aber für eine Anfechtung in jedem Fall einen vom Gesetz akzeptierten Anfechtungsgrund. Anfechtungsgründe können sich für den Erben aus den §§ 119 ff. BGB ergeben.

Als Anfechtungsgrund in Frage kommen ein so genannter Erklärungsirrtum (Der Erbe wollte etwas ganz anderes als die Annahme der Erbschaft erklären) oder aber auch ein so genannter Inhaltsirrtum (Erbe irrt sich bei der Annahme über die Bedeutung der Erklärung).

Eine Anfechtung der Annahmeerklärung ist weiter stets dann möglich, wenn der Erbe durch Täuschung oder sogar Drohung zur Annahme der Erbschaft gebracht wurde.

Kurze Frist für eine Anfechtung der Annahme der Erbschaft

Am interessantesten dürfte jedoch in vielen Fällen ein so genannter Eigenschaftsirrtum nach § 119 Absatz 2 BGB als Anfechtungsgrund sein.

Danach rechtfertigt auch der Irrtum über eine „verkehrswesentliche Eigenschaft“ der Erbschaft eine Anfechtung. Als eine solche die Anfechtung begründende Eigenschaft wurde von Gerichten bereits die „Überschuldung“ des Nachlasses angesehen, soweit sich der Irrtum auf konkrete Nachlasswerte bezogen hat.

Eine Anfechtung der Annahme erfolgt nach § 1955 BGB durch Erklärung gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht.

Eine Anfechtung kann nur binnen einer Frist von sechs Wochen, gerechnet ab dem Tag, an dem man von dem Anfechtungsgrund (also z.B. seinem Irrtum) Kenntnis erlangt hat, vorgenommen werden, § 1954 BGB.

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