Was kann man machen, wenn der Aufenthaltsort eines Miterben unbekannt ist?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Erbe ist unbekannt verzogen
  • Bereuungsgericht kann Abwesenheitspfleger einsetzen
  • Pfleger vertritt die Interessen des unbekannt verzogenen Erben

Es kommt immer wieder vor, dass ein Erbfall eingetreten ist und der Aufenthaltsort eines oder mehrerer Miterben unbekannt ist.

Nachdem das deutsche Erbrecht dem Grunde nach vorsieht, dass die Abwicklung einer Erbschaft von allen Erben gemeinsam vorzunehmen ist, stoßen die Erben, deren Aufenthaltsort bekannt ist, hier auf nicht geringe Schwierigkeiten.

Zwar kann noch ein Erbe alleine einen Erbschein als Nachweis für seine Rechtsstellung beantragen. Sobald es aber darum geht, den Nachlass aufzulösen und zu verteilen, macht sich der unbekannt verzogene Miterbe sehr unangenehm bemerkbar.

Nach § 2040 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) können mehrere Miterben nur gemeinschaftlich über einen Nachlassgegenstand verfügen. Die Auflösung eines Bankkontos, das sich im Nachlass befindet, oder die Veräußerung einer Nachlassimmobilie setzt demnach dem Grunde nach voraus, dass alle Miterben an einem Strang ziehen und mit der Auflösung des Kontos oder dem Verkauf der Immobilie einverstanden sind.

Ist aber ein Miterbe beispielsweise bereits vor Jahren nach Südamerika ausgewandert und ist der Kontakt zu ihm abgerissen, dann haben die anderen Miterben grundsätzlich ein Problem.

Bei der Lösung dieses Problems helfen die Justizbehörden durch die Einsetzung eines so genannten Pflegers.

Nachlasspfleger oder Abwesenheitspfleger bestellen

Dabei ist der Fall des Erben mit unbekanntem Aufenthalt ist grundsätzlich keine Angelegenheit für einen Nachlasspfleger nach § 1960 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Ein Nachlasspfleger ist vom Nachlassgericht einzusetzen, wenn ein Erbe unbekannt ist. Im Falle eines Erben, bei dem lediglich sein aktueller Aufenthaltsort nicht festgestellt werden kann, sind demnach die Voraussetzungen für die Einsetzung eines Nachlasspflegers nicht gegeben.

Für einen abwesenden Volljährigen, dessen Aufenthalt unbekannt ist, muss vielmehr ein so genannter Abwesenheitspfleger nach § 1911 BGB bestellt werden.

Zuständig für die Einsetzung eines Abwesenheitspflegers ist nicht das Nachlassgericht, sondern das Betreuungsgericht. Das Betreuungsgericht ist, ebenso wie das Nachlassgericht, eine eigene Abteilung beim Amtsgericht.

Welche Aufgaben hat ein Abwesenheitspfleger?

Der gerichtlich bestellte Abwesenheitspfleger hat für den Erben mit unbekanntem Aufenthalt dessen Interessen bei der Auseinandersetzung der Erbschaft wahrzunehmen.
Der Abwesenheitspfleger hat also für den Erben mit unbekanntem Aufenthalt bei Maßnahmen der Nachlassverwaltung und Nachlassauseinandersetzung mitzuwirken.

Dabei ist der Wirkungskreis des Abwesenheitspflegers aber beschränkt. Er darf für den unbekannt verzogenen Erben grundsätzlich nur an solchen Maßnahmen mitwirken, die zur ordnungsgemäßen Sicherung, Erhaltung und Verwaltung des Nachlasses erforderlich sind. Er muss grundsätzlich versuchen, das Erbe für den Erben mit dem unbekannten Aufenthalt möglichst zu erhalten.

An einen Verkauf von Nachlassgrundstücken wird er nur dann teilnehmen dürfen, wenn die Immobilien Verluste einfahren oder der Verkaufserlös gebraucht wird, um Verbindlichkeiten des Verstorbenen zu begleichen. Stimmt der Abwesenheitspfleger einer Veräußerung von Nachlassgegenständen unter Wert zu, so macht er sich schadensersatzpflichtig.

Wichtige Entscheidungen muss der Abwesenheitspfleger im Zweifel jedenfalls dem betroffenen Miterben vorbehalten.

Die Abwesenheitspflegschaft ist vom Gericht aufzuheben, wenn der Aufenthaltsort des Miterben ermittelt ist oder feststeht, dass der betroffene Miterbe nicht mehr lebt.

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